DKOU 2019 – Bildgebung bei sportorthopädischen Problemen

DKOU 2019 – Bildgebung bei sportorthopädischen Problemen

Was leistet die MRT bei Sportverletzungen an Hüfte, Knie oder Muskulatur? Das diskutierten zwei Unfallchirurgen und ein Radiologe beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2019.

  • Präsentationstag:
    25.10.2019 2 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Michael Bohnsack, Bremen; Werner Krutsch, Regensburg; Oliver Pütz, Köln
  • Quelle:
    DKOU 2019

Um aus der unspezifischen ‚Sportlerleiste’ eine Diagnose werden zu lassen, ist neben einer Schmerzanamnese die diagnostische Bildgebung wichtig. Welches Bildgebungsverfahren welche Vorzüge hat, schilderte Michael Bohnsack vom DIAKO Bremen.

Auch bei Verletzungen an Knie ist die MRT nicht das diagnostische Verfahren der ersten Wahl, aber in der Untersuchung von Meniskus- und Knorpelläsionen gibt es bestimmte Fragestellungen, wo sie der Arthroskopie überlegen ist.

Mit dem Vorwurf, bei Verletzungen der Muskulatur im Leistungssport werde zu viel mit MRT untersucht, setzte sich der Kölner Radiologe Oliver Pütz auseinander.

Referent: Michael Bohnsack, Orthopädie und Unfallchirurgie am DIAKO Bremen

Verletzungen des Hüftgelenks im Sport treten häufig auf. Ursächlich sind oft Belastungen des Gelenks in Extrempositionen, vermehrte Beweglichkeit des Hüftgelenks z.B. bei TurnerInnen, wiederkehrende Stoßbelastungen und Druckbelastungen bei schnellen dynamischen Drehungen (etwa beim Eishockey).

Hinter dem unspezifischen Begriff der ‚Sportlerleiste’ steckt eine Vielfalt möglicher Differentialdiagnosen, so Michael Bohnsack. Da die körperliche Untersuchung oft unspezifisch verläuft, ist vor allem eine gründliche Erhebung der Schmerzanamnese unverzichtbar.

Standardröntgen

  • Exaktes Standardröntgen in zwei Ebenen mit Ausmessen der knöchernen Landmarken
  • Bei Dysplasie und medio-kaudaler Arthrose Faux-Profil-Aufnahmen zum Einschätzen der Gelenkspaltbreite
  • Auf korrekte Beckenkippung und Rotation achten (Kakaty et al. 2010)

MRT

  • Die radiäre MRT dient der Lokalisierung eines möglichen knöchernen Überstands (Bump) im Bereich des Kopf-Schenkelhalsübergangs. Dieser kann Ursache für ein femoro-acetabuläres Impingement sein (zur Präoperativen MRT: Li AE et al. 2016).
  • Weichteildarstellung von Knorpel, Labrum, Kapsel und Überlastungsreaktionen am Acetabulum
    • Labrum partiell oder komplett abgelöst?
    • Ligamentum capitis partiell oder komplett rupturiert? (Bessere Darstellung in Extension)
    • Perilabraler Ganglien?
  • Knorpel- und Labrumläsionen seien aber selbst bei gelungener MRT-Bildgebung häufig nur schwer zu diagnostizieren.
  • „Wenn Sie mit einem Radiologen gut zusammenarbeiten, der ausschließlich die 1,5T-MRT anbietet, dann sollten Sie eine MR-Arthrographie mit intraartikulärem Kontrastmittel anfordern“, sagte Bohnsack. Die i.a. Kontrastmittelgabe lässt sich gut mit der Injektion eines Anästhetikums ins Gelenk verbinden. Ansonsten gelte die konventionelle 3D 3T-MRT in der Differenzierung von Knorpel- und Labrumläsionen als etwa gleichwertig zur 1,5T-MR-Arthrographie, so Bohnsack (Crespo-Rodríguez et al.2017)

Computertomographie

  • Die CT dient der präoperativen Planung bei komplexen Deformitäten.
  • Beim femoro-acetabulären Impingement lässt sich das Operationsergebnis anhand einer 3D-CT simulieren.

 

Referenzen

Crespo-Rodríguez AM
The diagnostic performance of non-contrast 3-Tesla magnetic resonance imaging (3-T MRI) versus 1.5-Tesla magnetic resonance arthrography (1.5-T MRA) in femoro-acetabular impingement.
Eur J Radiol 2017 Mar;88:109-116

Kakaty DK et al.
The Ischial Spine Sign: Does Pelvic Tilt and Rotation Matter?
Clin Orthop Relat Res 2010 Mar; 468(3):769-774

Li AE et al.
MRI for the preoperative evaluation of femoroacetabular impingement.
Insights Imaging 2016 Apr;7(2):187-98

Referent: Werner Krutsch, Klinik für Unfallchirurgie am Uniklinikum Regensburg

Bei sportorthopädischen Problemen am Kniegelenk ist die MRT kein Erstdiagnostikum, so Werner Krutsch, Uniklinikum Regensburg. Die klinische Untersuchung bleibe am Kniegelenk der erste Schritt der Diagnostik und auch Hauptfaktor für die Indikation zur Operation.

„Wir Chirurgen sollten uns aber auch im Feld der Radiologen auskennen“, forderte Krutsch und empfahl zum besseren Verständnis der MRT-Arthroskopie eine Arbeit von Alaia et al.: MRI-Arthroscopy Correlation of Knee Anatomy and Pathologic Findings: A Teaching Guide“ (AJR 2018).

MRT bei Meniskusläsionen

  • Stärken der MRT: Einrisse des anterioren Menikusanteils (Sharifah MI et al. 2015)
  • In der MRT leicht zu übersehen: Läsionen der Meniskuswurzel und vertikal verlaufende Einrisse.

MRT bei Knorpelläsionen

  • Mittels MRT lassen sich chondrale Knieläsionen nicht nur detektieren, sondern auch klassifizieren (Danieli MV et al. 2016). Für die Beurteilung der intraartikulären Strukturen gilt die Arthroskopie weiterhin als Goldstandard.
  • Die MRT-Bildgebung tendiert dazu, die Größe von Knorpeldefekten zu unterschätzen – darauf sollten Operateure schon vor einem arthroskopischen Eingriff vorbereitet sein (Campbell AB et al. 2013).
  • ‚Dark Lesions’ – je älter der Patient, desto häufiger treten sie auf. Gemeint sind signalschwache Foci im Knorpelgewebe ohne erkennbare morphologische Anomalie (Markhardt BK, Kijowski R 2015). „Diese Dark Lesions können der Beginn größerer Knorpeldefekte sein“, so Krutsch. Sie sind meistausschließlich in der MRT erkennbar, sind aber auch nicht immer klinisch relevant.
  • Stärke der MRT: Knorpel des posterioren Femurkondylus (arthroskopisch schwer erreichbar)
  • Die post-operative MRT zur Verlaufskontrolle korreliert gut mit der Klinik. „Aber machen Sie nicht zu viel MRT, vor allem wenn Ihr Patient asymptomatisch ist“, riet Krutsch.

Referenzen

Alaia EF et al.
MRI-Arthroscopy Correlation of Knee Anatomy and Pathologic Findings: A Teaching Guide.
Am J Roentgenol 2018 Dec;211(6):1291-1297

Campbell AB et al.
Preoperative MRI underestimates articular cartilage defect size compared with findings at arthroscopic knee surgery.
Am J Sports Med. 2013 Mar;41(3):590-5

Danieli MV et al.
Diagnosis and classification of chondral knee injuries: comparison between magnetic resonance imaging and arthroscopy
Knee Surgery, Sports Traumatology, Arthroscopy 2016;24(5)1627-33

Markhardt BK, Kijowski R.
The Clinical Significance of Dark Cartilage Lesions Identified on MRI.
Am J Roentgenol 2015 Dec;205(6):1251-9

Sharifah MI et al.
Accuracy of MRI in the diagnosis of meniscal tears in patients with chronic ACL tears.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2015 Mar;23(3):826-30

Referent: Oliver Pütz, Radiologie am Gürzenich, Köln

Muskuläre Verletzungen sind im Profisport die häufigsten Verletzungen – sportartübergreifend. Am besten untersucht sind sie im Bereich des Profifußballs: Ein knappes Drittel der dort erworbenen Verletzungen betreffen die Muskulatur, fast immer ohne dass es zum Kontakt mit dem Gegner gekommen wäre. Muskuläre Verletzungen sind im Profifußball verantwortlich für 27 Prozent der Ausfallzeiten.

Trotz guter therapeutischer und auch präventiver Maßnahmen stehen zwei Probleme im Vordergrund: Die Verletzungen der ischiocruralen Muskulatur („Hamstrings“) im Training nehmen zu, und die Rezidivrate ist extrem hoch.

Bereits anamnestisch ist eine Differenzierung zwischen funktionellen bzw. strukturellen sowie zwischen direkten und indirekten Muskelverletzungen möglich“, betonte Oliver Pütz, Radiologie am Gürzenich, Köln.

Röntgen und Ultraschall

  • Das konventionelle Röntgen dient vor allem dem Ausschluss apophysärer Verletzungen, etwa des M. rectus femoris am Tuber ischiadicum, und knöcherner Verletzungen nach groben Kontusionen.
  • Der Ultraschall im Seitenvergleich dient der primären Einschätzung und hilft eine MRT gezielter zu planen.

Vielseitig: MRT bei muskulären Verletzungen

Mittels MRT lassen sich muskuläre Verletzungen lokalisieren, das Verletzungsausmaß einschätzen und zwischen funktionellen und strukturellen Verletzungen unterscheiden.

Auch die OP-Indikation muss mittels MRT gestellt werden. Differentialdiagnosen wie Labrumläsionen oder Stressödem lassen sich mit MRT ausschließen.

Zu viel MRT-Untersuchungen bei Muskelverletzungen?

„Wir hören häufig die Kritik, wir machen zu viel MRT-Untersuchungen“, sagte Pütz. Kern des Vorwurfs: Eine verlässliche Einschätzung, wann mit dem Sport wieder begonnen werden könne, sei aufgrund einer MRT nicht möglich, und die Datenlage sei zu schwach.

Pütz analysierte eine in diesem Zusammenhang oft zitierte Studie von Ekstrand et al. (Br J Sports Med 2012). Demzufolge lasse sich bei 70% der Hamstring-Verletzungen im Profifußball im MRT keine strukturelle Verletzung nachweisen – und die MRT sei demnach ohne Konsequenz. "Aber bedeutet das, dass die Patienten gesund sind?" fragte Pütz.

Das Problem dieser Studie: Sie verwendet die sonographie-basierte Klassifikation nach Petroons von 2002. Hier würden Verletzungen in einen Topf geworfen, die man besser differenzieren sollte. Angemessener sei die Münchener Konsensus-Klassifikation in ihrer überarbeiteten Form (Müller-Wohlfahrt):

Der frühere Typ 3 (Partielle Muskelrisse) wird hier unterschieden nach 3A (Muskelfaserriss) und 3B (Muskelbündelriss). „Wenn nach 3A/3B differenziert wird, dann korreliert die MRT auch mit der Länge der Ausfallzeiten“, sagte Pütz.

Muskelaktivität mittels Elektromyographie beurteilen

Die MRT erlaubt keine Aussage über die Muskelaktivität, das geeignete Verfahren dafür ist die Elektromyographie, sagte Pütz. Ebenso lässt die MRT-Bildgebung keine Prognose darüber zu, wann mit dem Sport wieder begonnen werden kann.

 

Referenz

Ekstrand J et al.
Hamstring muscle injuries in professional football: the correlation of MRI findings with return to play.
Br J Sports Med. 2012 Feb;46(2):112-7

Zur Seite: Internationaler Tag der Radiologie 2019 – Sport & Radiologie

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