ECR 2020: Update Herzbildgebung

ECR 2020: Update Herzbildgebung

Die CT kann therapeutischen Strategien bei koronarer Herzkrankheit (KHK) die Richtung weisen. Maja Hrabak Paar, Universitätsklinikum Zagreb, Kroatien, erläuterte warum.

  • Präsentationstag:
    19.07.2020 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/biho/ktg
  • Sprecher:
    Maja Hrabak Paar, Universitätsklinikum Zagreb, Kroatien
  • Quelle:
    ECR Digital 2020

Hintergrund

Die Strategie der Myokardrevaskularisation ergibt sich aus der präprozeduralen nicht-invasiven anatomischen und funktionellen Bildgebung. Aus diesem Grund müssen RadiologInnen integraler Bestandteil des Herzteams sein, sagte Hrabak-Paar.

Primäre Anwendungen der Herz-CT und -MRT

In der Herzbildgebung richtet sich die Anwendung von CT und MRT nach dem Darstellungsvermögen der jeweiligen Modalität.

CT

  • Morphologische Beurteilung der Koronarien
  • Kalzium-Scoring zur Risikostratifizierung: Einleitung präventiver Maßnahmen Ja oder Nein
  • Beurteilung der späten Kontrastmittelanreicherung (late enhancement) bei PatientInnen mit Kontraindikation für MRT

MRT

  • Beurteilung einer Myokardischämie
  • Beurteilung vitales Myokard
  • Beurteilung Anomalien und Aneurysmen
  • Nicht gut geeignet zur Beurteilung der koronaren Herzkrankheit, da bei Koronarangiographie geringere räumliche Auflösung als die CT

Akuter Thoraxschmerz in der Notaufnahme: CT

Akute Brustschmerzen sind einer der häufigsten Gründe für die Einweisung in die Notaufnahme. Knapp 20% dieser PatientInnen leiden an einem akuten Koronarsyndrom (ACS). Bei diesen PatientInnen genügt die ausgedehnte Beobachtung einschließlich nicht-invasiver Belastungstests nicht: bei 2-8% wird das ACS dadurch nicht erkannt.

Bei akuten Brustschmerzen und geringem bis mittlerem Risiko sollte daher eine koronare CT-Angiographie (cCTA) durchgeführt werden – außer bei Kontraindikationen wie Nierenfunktionsstörungen, Schwangerschaft, Unverträglichkeit von Betablockern, ausgeprägten Rhythmusstörungen, Vorhofflimmern, schweren allergieähnlichen Reaktionen auf iodhaltiges Kontrastmittel, Schwierigkeiten beim Atemanhalt oder extremer Adipositas.

Grundsätzlich ist eine cCTA bei einem geringen obstruktiven koronaren Herzerkrankungs-(KHK)-Risiko angezeigt. Je wahrscheinlicher eine obstruktive KHK ist, desto besser ist die nicht-invasive funktionelle Bildgebung. Bei sehr hohem Risiko kann man direkt zur invasiven Angiographie (ICA) übergehen, sagte Hrabak-Paar.

Standardisierte Berichterstattung: CAD-RADS

CAD-RADS (Coronary Artery Disease-Reporting and Data System) wurde 2016 zur standardisierten Befundung der koronaren CTA (Cury 2016) entwickelt. Hrabak-Paar bezeichnete die Methode als "sehr nützlich für die klinische Entscheidungsfindung". CAD-RADS hilft, die Wahrscheinlichkeit einer ACS zu bestimmen und leitet das weitere PatientInnenmanagement ein.

Akuter Thoraxschmerz: CAD-RADS

Das sagt CAD-RADS bei akutem Brustschmerz:

CAD-RADS Kategorie

Maximale Stenose (%)

ACS Wahrscheinlichkeit

Management

0

0

sehr unwahrscheinlich

keine weiteren ACS-Untersuchungen erforderlich

1

1-24

sehr unwahrscheinlich

Differentialdiagnose außerhalb des akuten Koronarsyndroms erwägen

2

25-49

unwahrscheinlich

Differentialdiagnose außerhalb des akuten Koronarsyndroms erwägen

3

50-69

möglich

Hospitalisierung mit kardiologischer Betreuung, Funktionsprüfung und/oder ICA erwägen

4

70-99

LM (A. coronaria sin.) > 50

wahrscheinlich

Hospitalisierung mit kardiologischer Betreuung, weitere Beurteilung mit ICA und ggf. Revaskularisation erwägen

5

100

sehr wahrscheinlich

zeitnahe ICA und Revaskularisation bei akutem  Gefäßverschluss erwägen

Aktualisierung der ESC-Leitlinie 2019

Bei symptomatischen PatientInnen mit klinisch uneindeutiger obstruktiver KHK kann eine KHK-Diagnose erfolgen mit

  • nichtinvasiver funktioneller Bildgebung bei Myokardischämie und
  • koronarer CTA.

Beide Methoden finden sich nun in den 2019 überarbeiteten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (European Society of Radiology, ESC) zur Behandlung chronischer Koronarsyndrome.

Akuter Thoraxschmerz ohne Okklusion: MRT

Bei akutem Brustschmerz ohne Gefäßverschluss ist differentialdiagnostisch die MRT angezeigt.

PatientInnen mit MINOCA (Myokardinfarkt mit nicht-obstruktiven Koronararterien), d.h. einer Stenose der Koronarien von weniger als 50%, sollten eine MRT inklusive später Anreicherungsphase gadoliniumhaltigen Kontrastmittels (late gadolinium enhancement) erhalten. Eine Anreicherung in subepikardialen und mesokardialen Regionen wird in diesen Fällen meist durch eine Myokarditis verursacht.

Dennoch spielt die cCTA auch hier eine Rolle, wenn PatientInnen akute Thoraxschmerzen ohne EKG-Veränderungen und ohne Toponinerhöhung aufweisen.

Nicht-akuter Thoraxschmerz

CAD-RADS bietet den folgenden Algorithmus für Patienten mit nicht-akuten Brustschmerzen:

CAD-RADS Kategorie

Maximale Stenose (%)

Weitere Maßnahmen

Management

0

0

keine

Nicht-atherosklerotische Ursachen erwägen

1

1-24

keine

Präventive Therapie und Risikomodifikation

2

25-49

keine

Präventive Therapie und Risikomodifikation, insbesondere bei Plaques und mehreren betroffenen Segmenten

3

50-69

Funktionsprüfung

symptomgeleitete antiischämische und präventive Pharmakotherapie und Risikofaktor-Modifikation

4A

70-99

(1 oder 2 Gefäße)

ICA oder Funktions- prüfung

symptomgeleitete antiischämische und präventive Pharmakotherapie und Risikofaktor-Modifikation

4B

LM (A. coronaria sin.) > 50 oder 3 Gefäße ≥ 70%

ICA empfohlen

andere Behandlungen, inkl. Revaskularisation nach Leitlinien erwägen

5

100

ICA und/oder Beurteilung der Myokardvitalität

„Die cCTA erkennt Plaques, die keine relevante Stenose verursachen. Es ist gut, dass sie die koronare Herzkrankheit bestätigen kann, damit sich eine präventive Therapie beginnen lässt", sagte Hrabak-Paar.

Studienergebnisse sprechen für zeitnahe cCTA

Die SCOT-HEART-Studie hat gezeigt, wie nützlich die cCTA bei der Frühbehandlung von Brustschmerzen ist (SCOT-Heart Investigators 2018): PatientInnen, die sich einer cCTA zu einem frühen Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs unterzogen haben, weisen eine geringere Herzinfarktrate auf.

Hrabak-Paar erinnerte ihre ZuhörerInnen daran, wie sich Anzeichen eines Herzerkrankungsrisikos in der CT darstellen. Hochrisikoplaques in der cCTA (Canan 2020) zeigen z.B.

  • fleckige Verkalkung
  • Napkin-Ring-Zeichen
  • geringe Strahlungsabschwächung
  • positives Remodelling

CT-Anzeichen für vulnerable PlaquesIn der koronaren CT deuten bestimmte Erscheinungen auf ein hohes koronares Erkrankungsrisiko hin. Diese Anzeichen sind fleckige Verkalkungen, das Napkin-Ring-Zeichen, geringe Strahlungsabschwächung und positives Remodelling.

Referenzen

Canan A et al.
CAD-RADS: Pushing the Limits.
Radiographics 2020;40(3):629-652.

Cury RC et al.
CAD-RADS(TM) Coronary Artery Disease - Reporting and Data System. An expert consensus document of the Society of Cardiovascular Computed Tomography (SCCT), the American College of Radiology (ACR) and the North American Society for Cardiovascular Imaging (NASCI). Endorsed by the American College of Cardiology.
J Cardiovasc Comput Tomogr 2016;10(4):269-81.

SCOT-Heart Investigators.
Coronary CT Angiography and 5-Year Risk of Myocardial Infarction.
N Engl J MEd 2018;379(10):924-33.

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