3D-Druck von Gefäßmodellen

3D-Druck von Gefäßmodellen

Anfassbare Gefäßmodelle sind schon heute in der Lage, Chirurgen bei verschiedenen Gefäßinterventionen praktisch zu unterstützen.

  • Präsentationstag:
    17.01.2019 0 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Nikolaus Thierfelder, LMU München
  • Quelle:
    Internationales MRT Symposium 2019

Aus Sicht des Herzchirurgen schilderte Nikolaus Thierfelder, LMU München, was der 3D-Druck von Gefäßmodellen heute bereits zu leisten vermag. „Die personalisierte Medizin liefert maßgeschneiderte Ansätze für Prävention, Diagnostik und Therapie – die hoffentlich besser sind als die Standardverfahren“, so Thierfelder. Für solche Ansätze seien genaue morphologische Kenntnisse der zu therapierenden Organe unerlässlich.

Hochwertige Rohdaten erforderlich

Um 3D-Drucke zu produzieren, die klinischen Nutzen haben, müssen bereits die Rohdaten auf den Herstellungsprozess ausgerichtet sein: Der Kontrast muss ausreichend stark sein, die Auflösung hoch genug. Zu geringe Auflösung führt zu bescheidenen Oberflächenstrukturen. Thierfelder illustrierte den 3D-Druck der intrakraniellen Gefäße, der Gehirnmasse und wie durch Überblendung beider Strukturen ein Gesamtmodell entsteht. Gehirn und Gefäße werden aus unterschiedlichen Materialien gedruckt.

Drucktechniken im Überblick

Das am weitesten verbreitete, einfachste und kostengünstigste 3D-Druckverfahren ist das Fused Deposition Modeling (FDM). Schicht für Schicht wird das Modell dabei aufgebaut. Die räumliche Auflösung des FDM ist allerdings ebenso begrenzt wie die Anzahl der Materialien.

Eine bessere Auflösung, allerdings bei eingeschränkter Materialauswahl, bietet die Stereolithographie (SLT). Drucken von Modellen mit verschiedenen Materialien ist auch beim SLT nicht möglich.

Die größte Auswahl an Druckoptionen bietet das zugleich teuerste Verfahren, das Polyjet Printing (PJ). So erlaubt es das Drucken mit mehreren und flexiblen Materialien. Das PJ ähnelt dem eines Tintenstrahldruckers, die Modelle werden mit UV-Licht ausgehärtet.

Nach dem Druck werden die für die Produktion notwendigen Stützmaterialien entfernt und die Oberflächen je nach Bedarf nachbehandelt.

Anwendungsbeispiele aus der Klinik

Thierfelder skizzierte einige Beispiele, wo an der LMU München bereits 3D-Druck von Gefäßmodellen angefragt und produziert wurden:

  • Präoperatives Modell der kompletten Leber mit separater Darstellung von Parenchym und Gefäßen
  • Komplettes Herz für die Planung pädiatrischer Interventionen, etwa bei angeborenen Herzfehlern. Solche Modelle wurden auch schon in Entwicklungsländern zum Erlernen der Herzanatomie sowie zum Training von Kathetereingriffen verwendet.
  • Aortenklappenmodell zur Auswahl der am besten geeigneten Prothese für die TAVI (Transkatheter-Aortenklappen-Implantation). Multimaterialdruck erlaubt die Darstellung der Kalzifizierungen in der Aortenklappe mit anderem Material. „An solchen Modellen können Sie sogar sehen, wo und wie die Klappe durch die Kalzifizierungen deformiert wird“, so Thierfelder.
  • Aortenmodell zur Prothesenauswahl bei Aneurysma. Der 3D-Druck hilft, Gefäß und Aneurysma vor einem Eingriff zum endovaskulären Aortenersatz (TEVAR = Thoracic EndoVascular Aortic Repair) zu beurteilen. Darüber hinaus „versuchen wir auch schon, patientenindividuelle Implantate herzustellen“, so Thierfelder. Die Biokompatibilität solcher Implantate bleibe aber noch ein Problem; die Mehrzahl der für den Druck verfügbaren Materialien sei zytotoxisch.

Ausblick

Der 3D-Druck personalisierter Gefäßmodelle werde in Zukunft sicher an Bedeutung gewinnen, so Thierfelder, man könne bereits heute sehr viel damit erreichen.

Öffentliche Diskussion

Für welche Patienten, bei denen eine TAVI vorgesehen sei, ein 3D-Gefäßmodell in Betracht komme, fragte ein Zuhörer. „Aktuell ist das bei uns kein Routineansatz“, so Thierfelder. In Betracht komme das Verfahren in Spezialfällen mit sehr asymmetrischen Verkalkungen, wenn die Sorge einer suboptimalen TAVI-Verankerung bestehe. „Wir können aber noch keine Empfehlung dafür aussprechen, wann ein 3D-Gefäßmodell wirklich sinnvoll ist“, so Thierfelder.

Bernd Wintersperger, München, befragte Thierfelder nach seiner Einschätzung, ob der 3D-Druck von Gefäßmodellen angesichts immer besserer Computersimulationen nicht in wenigen Jahren wieder von der Bildfläche verschwinden könnte. Thierfelder entgegnete, man müsse hier unterscheiden zwischen der reinen OP-Planung einerseits und der Anfertigung von Devices andererseits. Er wies auch auf die unterschiedliche Sicht von Radiologen und Chirurgen hin: Letztere hielten gerne etwas Anfassbares in der Hand. Dennoch werde auch natürlich auch die Bedeutung der Augmented Reality im OP zunehmen.

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