MR-Symposium 2021 – MRT in der Früherkennung von familiärem Brustkrebs

MR-Symposium 2021 – MRT in der Früherkennung von familiärem Brustkrebs

Beim familiären Mammakarzinom ist die MRT inzwischen die Methode, die im multimodalen Screening den Outcome bestimmt.

  • Präsentationstag:
    22.01.2021 1 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Michael Püsken, Universität Köln
  • Quelle:
    MR-Symposium 2021

Hauptaussagen zur MRT bei familiärem Brustkrebs

  • Die MRT diagnostiziert aggressiv wachsende Tumoren – aber auch gleichermaßen langsam wachsende Karzinome.
  • Die MRT entdeckt Karzinome häufiger in Frühstadien – d.h. bei negativem Nodalstatus, was als Surrogatparameter für eine geringere Mortalität gewertet wird.
  • Die MRT hat eine hohe Sensitivität für invasive Karzinome – und für das duktale Carcinoma in situ (DCIS), vor allem hoch und mittelgradig (G1 und G2).
  • Die MRT-gesteuerte Biopsie steigert die Detektionsraten für invasive Karzinome und deren Vorstufen.
  • Die MRT-gestützte Biopsie ist genauso gut wie die Biopsie mit Unterstützung durch andere bildgebende Verfahren, sofern die Durchführenden genug Erfahrung damit haben – sie kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn die Sonographie für die zu biopsierende Läsion kein Korrelat zeigen kann.
  • Der Outcome des Screenings wird durch die Mamma-MRT bestimmt.

Wie häufig ist das familiäre Mammakarzinom?

Bei rund 30% aller Mammakarzinome liegt eine familiäre Belastung vor. Die häufigsten Genveränderungen betreffen BRCA1 und BRCA2 – diese Mutationen sind bei etwa 25% der familiären Mammakarzinome zu finden. „Es gibt allerdings noch eine Vielzahl weiterer Mutationen“, so Michael Püsken, Universität Köln.

Das kumulative Risiko bis zum 80. Lebensjahr an einem Mammakarzinom zu erkranken, ist bei BRCA1- und BRCA2-Trägerinnen stark erhöht: Das Risiko bei BRCA1 beträgt 72%, bei BRCA2 sind es 69%. Auch das Erkrankungsrisiko für Ovarialkarzinome ist erhöht: bei BRCA1 auf 44%, bei BRCA2 auf 17%.

Wann ist eine genetische Beratung indiziert?

Das regelt die momentane AWMF S3-Leitlinie 4.2 vom Februar 2020 unter Punkt 3.30. Zwei Kriterien sind mit der aktuellen Version hinzugekommen – sie gelten für die Zentren des „Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“, dessen Leitung an der Uni Köln angesiedelt ist. Demnach sollten dort auch Frauen eine genetische Beratung erhalten, wenn sie:

  • vor dem 50. Geburtstag an einem triple-negativen Brustkrebs erkrankt sind.
  • vor ihrem 80. Geburtstag an Eierstockkrebs erkrankt sind.

Warum sollte die Frauen mit familiärem Brustkrebsrisiko herausfiltern?

„Die Charakteristika dieser Frauen sind andere als bei Frauen mit sporadischem Mammakarzinom“, so Püsken. Sie erkranken rund 20 Jahre früher als Frauen ohne familiäres Risiko. Bein BRCA1-Mutationen kommt es häufig zu triple-negativen Karzinomen und die Tumoren proliferieren aggressiv. BRCA1-assoziierte Tumoren zeigen außerdem häufiger eine medulläre Histologie. Die Korrelation zwischen der Tumorgröße und dem Vorhandensein von Metastasen ist schwach. „Unser Ziel ist also, das Karzinom möglichst früh zu entdecken“, sagte Püsken.

Das Gesamtrisiko für BRCA1- oder BRCA-2-Trägerinnen, in der kontralateralen Brust innerhalb von 25 Jahren nach Erstdiagnose ein Karzinom zu entwickeln, beträgt 47%; für BRCA1-Trägerinnen, die vor dem 40 Lebensjahr erstmalig erkrankten, sogar fast 63% (Graeser 2009).

Wer bekommt eine intensivierte Früherkennung und Nachsorge – und wo?

Einer der folgenden Parameter muss gegeben sein, damit eine Frau in das intensivierte Screening/Nachsorge-Programm eingeschlossen werden kann:

  • Pathogene Mutation eines Brustkrebs-Risikogens (Untersuchung mit dem TruRisk® Genpanel, das alle bekannten und einige in Forschung befindliche potenzielle Risikogene erfasst) – dazu gehören u.a. die Hochpenetranzgene BRCA 1 und 2, sowie verschiedene moderate Risikogene wie CHEK2 oder ATM.
  • Rechnerisches Risiko für Brustkrebs ist innerhalb von 10 Jahren <5%.
    Dahinter steckt eine Stammbaumanalyse. Der bisher nur für Forschungszwecke genutzte Algorithmus BOADICEA (Breast and Ovarian Analysis of Disease Incidence and Carrier Estimation Algorithm) berechnet daraus das Erkrankungsrisiko.
  • Zustand nach Mantelfeldbestrahlung des Mediastinums im Kindes- oder Jugendalter bei M. Hodgkin. Die Bestrahlung erhöht das Mammakarzinomrisiko auf rund 20%.

Allein die Uni Köln führt im Jahr rund 3.500 Mamma-MRT-Untersuchungen bei dieser Klientel durch. Deutschlandweit haben sich für das intensivierte Früherkennungs- und Nachsorgeprogramm 23 universitäre Zentren unter der Leitung der Universität Köln zusammengetan. Gynäkologie, Radiologie und Humangenetik arbeiten in diesen Zentren eng zusammen und kooperieren mit den regionalen Brustzentren. Alle Daten werden zentral erfasst und ausgewertet.

Wann muss welche Patientin wie häufig zur Früherkennung?

Zurzeit gelten – je nach Risikogruppe – folgende Untersuchungsintervalle:

 

BRCA 1/2
PALB1
TP532

Moderate Risikogene,
z.B. CHEK2, ATM, RAD51C, BRIP1

Ohne Mutationsnachweis: Ab einem 10-Jahres-Erkrankungsrisiko >5%

US jährlich

25-70 LJ

(Sowie alle 6 Monate Intervallsonographie)

30 – 70 LJ

30 – 50 LJ

MRT jährlich

25-70 LJ

 

30 – 70 LJ

30 – 50 LJ

MG alle (1)-2 Jahre

40-70 LJ

 

40 – 70 LJ

40 – 50 LJ

1 Beginn ab dem 30. LJ; 2 Beginn ab dem 30. LJ; LJ = Lebensjahr

„Der Stellenwert der MRT ist deutlich höher als der der Mammographie“, so Püsken. Die dauerhafte Datenerfassung und -auswertung im Konsortium ermöglicht den Realitätscheck dieser Intervalle: In der „rechnerischen Gruppe“ ohne Mutationsnachweis werden in der Altersgruppe zwischen 30 und 39 Jahren deutlich seltener Karzinome gefunden als ab dem 40. Lebensjahr. „Deshalb gibt es jetzt die Überlegung, ob man das Alter beim ersten Screening nicht deutlich nach oben schiebt“, so Püsken.

Mit welchen morphologischen Besonderheiten muss man rechnen?

Familiärer Brustkrebs zeigt häufig eher benigne Kriterien (rund, ovalär, glatte Begrenzung) und sieht aus wie eine Zyste oder ein Fibroadenom. Die Karzinome sind außerdem eher selten mit Mikrokalk assoziiert: Gerade bei BRCA1-Mutation ist Kalk in den seltensten Fällen zu finden. Zwei Drittel der Karzinome liegen präpectoral.

Welche Rolle spielt die MRT?

Die EVA-Studie (Kuhl 2010) hat den Grundstein gelegt für die Nutzung der MRT als Screeningtool von Frauen mit familiärem Brustkrebs – sie zeigte sich im Hinblick auf die Zahl korrekt erkannter Tumoren sowohl Mammographie als auch Ultraschall als deutlich überlegen. Mittlerweile ist die MRT hier in die Regelversorgung übergegangen.

Diese Überlegenheit zeigen auch die Studien nach der EVA-Studie, die sich mit der Screening-MRT bei Frauen mit familiärem Brustkrebs beschäftigen.

Die 2019 publizierte, niederländische FaMRIsc Studie (Saadatmand 2019) verglich den Nutzen der jährlichen MRT plus 2-jährlicher Mammographie mit dem herkömmlichen Screening-Regime der jährlichen Mammographie plus klinischer Brustuntersuchung. Sie ergab, dass das MRT-Screening mehr Karzinome und diese in einem deutlich früheren Stadium findet als die Mammographie:

  • Die Tumorgröße im MR-Befund war mit im Mittel 9 mm deutlich kleiner als in der Mammo mit 17 mm.
  • Die im MR-Befund erkannten Tumoren waren deutlich seltener nodal-positiv.

„Jedes dritte Karzinom findet man letztlich nur in der MRT“, so Püsken.

Wie hängen Mutation und Tumorbiologie zusammen?

Der Mutationsstatus bestimmt die Tumorbiologie (Bick 2019). Bei BRCA1-positiven Patientinnen sind beispielsweise rund 70% der Tumoren geringgradig differenziert (G3), fast 59% sind triple-negativ. „Wir müssen bei diesen Patientinnen also viel mehr auf kleine Foci achten, als bei anderen“, so Püsken. Die MRT finde aber sowohl die schnell wie auch die langsam wachsenden Karzinome, betonte Püsken.

Bei BRCA2-Trägerinnen sind immerhin 17% der Tumoren DCIS – hier empfiehlt sich die Mammographie als Zusatz zur besseren Kalkdetektion.

Wie hängen Mutation und Alter zusammen?

  • Bei BRCA1-Trägerinnen liegt der Erkrankungspeak zwischen dem 30. und dem 39. Lebensjahr.
  • Bei BRCA2-Trägerinnen liegt der Erkrankungsgipfel zwischen 40 und 49, wobei die Tumoren bereits im dritten Lebensjahrzehnt auftreten; unter dem 30. Lebensjahr kommen sie so gut sie nie vor.
  • Frauen mit rechnerisch erhöhtem Brustkrebsrisiko ohne BRCA1- oder BRCA2-Mutation erkranken sehr selten vor dem 40. Labensjahr.

Wie schneiden Mammo, Sono und MRT im Hochrisikokollektiv ab?

  • Die Mammographie hat durch die meist hohe Drüsengewebsdichte in diesem Patientinnenkollektiv eine geringe Sensitivität; auch sind Mikrokalk und Architekturstörungen selten, sie entdeckt eher langsam wachsende Karzinome. Ein früher Screeningbeginn führt zur Akkumulation einer höheren Gesamtdosis. Empfohlen ist die Mammo bisher ab dem 40. Lebensjahr alle (1-)2 Jahre.
  • Die Sonographie ist stark abhängig von der Befunderin/dem Befunder und der Anteil der Karzinome, die nur per Sono entdeckt werden, ist gering. Einen hohen Stellenwert hat die Sonographie bei der Entdeckung von Karzinomen im Screening-Intervall (bei BRCA1-Trägerinnen wird sie alle 6 Monate durchgeführt) und als Second-Look Untersuchung bei auffälligen Befunden in der Mammo und der MRT. Schließlich hat sie ihren Stellenwert für die sonographische Stanzbiopsie.
  • Die MRT bestimmt den Outcome des multimodalen Screenings. Sie diagnostiziert aggressiv und langsam wachsende Karzinome, häufig in Frühstadien, und ist für invasive Karzinome hochsensitiv. Die MRT-gesteuerte Biopsie steigert die Detektionsraten für invasive Karzinome samt Vorstufen und ist genauso gut wie andere Biospieverfahren, sofern die Durchführenden genug Erfahrung besitzen

Wird die MRT bei Hochrisikopatientinnen bezahlt?

Innerhalb der 23 Zentren des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs ja, allerdings muss vorher für jede Patientin ein Antrag bei deren Krankenkasse gestellt werden.

Kann jede/r RadiologIn die Screening-Mamma-MRT durchführen?

Grundsätzlich ja, aber: „Man braucht schon eine gewisse Anzahl von Bildern – zehn im Jahr wären ein bisschen wenig“, so Püsken. Große Karzinome sind in der MRT leicht zu finden – die korrekte Zuordnung kleinerer Tumoren von 5-6mm braucht ein geschultes Auge. „Man muss die MRT in Abhängigkeit vom Risiko jeder einzelnen Patientin bewerten“, so Püsken.

Ist ein DCIS in der MRT schwierig erkennbar?

Dazu brauche man eine hohe Auflösung, Erfahrung und die Kontrastmittel-Anreichungsmuster, so Püsken. Für segmental-lineare Non-Mass-Läsionen gelten in der MRT im Prinzip die gleichen Muster wie in der Mammographie. Bei flächenhafter Anreicherung sind die feinen DCIS Strukturen schwerer zu diagnostizieren: „Hier braucht man das Anreicherungsmuster“, so Püsken.

Ist die MRT auch für andere Patientinnenkollektive sinnvoll?

Die niederländische DENSE-Studie zeigt einen Nutzen für Frauen mit dichtem Brustgewebe. „Man sieht mehr Karzinome, kauft sich damit aber sozusagen auch eine höhere Rate an falsch-positiven oder BIRADS3-Läsionen mit den entsprechenden Nachuntersuchungen ein – das muss an wissen und den Frauen auch vermitteln“, kommentierte Püsken.

AWMF. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.2 vom Februar 2020

Bick U et al. High-risk breast cancer surveillance with MRI: 10-year experience from the German consortium for hereditary breast and ovarian cancer
Breast Cancer Res Treat 2019;175(1):217-28

Kuhl CK et al. Prospective Multicenter Cohort Study to Refine Management Recommendations for Women at Elevated Familial Risk of Breast Cancer: The EVA Trial.
J Clin Oncol. 2010;28:1450-57

Graeser MK et al. Contralateral breast cancer risk in BRCA1 and BRCA2 mutation carriers.
J Clin Oncol. 2009;27(35):5887-92

Saadatmand S et al. MRI versus mammography for breast cancer screening in women with familial risk (FaMRIsc): a multicentre, randomised, controlled trial. Lancet Oncol 2019;20(8):1136-47.

TruRisk® Genpanel – Informationen der Universität Köln

VanZelst JCM et al. Surveillance of Women with the BRCA1 or BRCA2 Mutation by Using Biannual Automated Breast US, MR Imaging, and Mammography. Radiology 2017;285(2):376-88

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