RöKo 2024 – Brustkrebs-Screening: Zeit für Veränderung

RöKo 2024 – Brustkrebs-Screening: Zeit für Veränderung

Transformation – so das Röko-Motto 2024 – fordert Christiane Kuhl auch für das Brustkrebs-Screening: von der Mammographie hin zur MRT, denn trotz Mammographie-Screening ist die Brustkrebssterblichkeit weiterhin hoch.

  • Präsentationstag:
    09.05.2024 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Christiane Kuhl, RWTH Aachen
  • Quelle:
    RöKo 2024

Mammographie – Meriten und Probleme

Das Mammographie-Screening kann als Vorbild für Screening-Programme insgesamt gelten. Der Vergleich mit randomisierten klinischen Studien aus den 1970er Jahren zeigt, dass sich die Brustkrebssterblichkeit seither um circa 20% verringert hat (Independent UK Panel on Breast Cancer Screening 2012). Dennoch ist Brustkrebs unverändert die häufigste Krebs-Todesursache für Frauen in der EU geblieben.

Hauptproblem – Unterdiagnostik

Vor allem wegen des Problems der Über- und Unterdiagnosen stehen die Programme immer wieder in der Kritik. „Das Hauptproblem ist die Unterdiagnostik“, sagte Christiane Kuhl, RWTH Aachen. Denn über ein Drittel der Frauen, die zum Zeitpunkt des Mammographie-Screenings Brustkrebs hatten, profitieren nicht von der Untersuchung. Von 100 Frauen mit Mammakarzinom, die am Screening teilnehmen:

  • wird bei 22-30% das Karzinom erst im Intervall nach der (falsch) negativen Mammographie erkannt (Houssami 2017)
  • wird bei 16-18% das Mammakarzinom zwar erkannt, aber in einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium (Jahresbericht Evaluation 2020).

Screeningziel – Mortalität senken

„Früherkennung hat das Ziel, die Mortalität zu senken, nicht möglichst viele Mammakarzinome zu finden“, so Kuhl. Hier weist die Mammographie mehrere Schwachstellen auf. Zum einen fußt sie grundsätzlich darauf, spikulierte Raumforderungen und gruppierten Mikrokalk zu detektieren. Schnell wachsende Mammakarzinome weisen diese Merkmale nicht auf: „Die wachsen wie Kartoffeln“, sagte Kuhl. Gerade bei den aggressiven Tumoren sinkt also die Empfindlichkeit der Mammographie.

Außerdem sinkt die Treffsicherheit der Mammographie, je dichter das Brustdrüsengewebe ist; gleichzeitig ist das Brustkrebsrisiko bei Frauen mit dichtem Brustgewebe erhöht.

Alternativen – MRT vorne

Kuhl stellte die bildgebenden Alternativmethoden zur Brustkrebsfrüherkennung einander gegenüber: Welche Alternative kann im Vergleich zur Mammographie wieviel zusätzliche Karzinome detektieren?

  • Digitale Tomosynthese (DBT): 2,7 zusätzlich entdeckte Karzinome (im Mittel über diverse Studien)
  • Ultraschall: 4,1 zusätzlich entdeckte Karzinome (Berg 2008)
. Vor allem bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebs-Risiko liefert die MRT weit höhere Karzinom-Detektionsraten als die Mammographie-Ultraschall-Kombination. Die Ergebnisse sind über sämtliche Studien mit sehr unterschiedlichen Einschluss-Kriterien (Lebenszeit-Risiko 15-80%) hochkonkordant (Mann 2019).
  • Kontrastmittelgestützte MRT: 14,6 zusätzlich entdeckte Karzinome (Berg 2012)

MRT – Warum

Die Erkennbarkeit eines Mammakarzinoms in der MRT wird bestimmt durch die angiogenetische Aktivität und die Protease-Aktivität des Karzinoms. Je schneller das Mammakarzinom wächst, desto besser wird es durch die MRT gefunden; der Nutzen der MRT steigt also mit der Aggressivität des Tumors (Sung 2016). „Das Besondere ist, dass wir mit Kontrastmittel arbeiten“, so Kuhl. Durch die Anreicherung sind die Karzinome optisch gut erkennbar – quasi wie eine leuchtende Glühbirne.

MRT – Wer profitiert

Seit 2022 empfiehlt EUSOBI die MRT für Frauen mit dichtem Brustgewebe. Hintergrund dafür ist vor allem die DENSE-Studie (Bakker 2019). Sie belegt, dass sich bei Frauen mit dichtem Brustgewebe durch die zusätzliche MRT zur Mammographie die Rate der Intervallkarzinome von 5,3 pro 1.000 auf 0,8 pro 1.000 senken lässt.Weitere Studien zeigen die Kosteneffektivität der Methode für diese Klientel (Geuzinge 2021).

Auf Basis einer eigenen Studie geht Kuhl davon aus, dass die Mamma-MRT in der Früherkennung auch Frauen mit normalem Brustkrebsrisiko nutzt (Kuhl 2017): Im Studiensetting ergab sich eine zusätzliche Karzinom-Detektionsrate von 15,5 pro 1.000 Frauen; die Intervallkarzinomrate lag bei 0.  
Dies ist unter anderem bedeutsam, weil rund 80% aller Intervall-Karzinome bei Frauen mit niedriger Brustdichte entstehen. Für eine Risikostratifizierung dieser Frauen könnte sich die KI-basierte Texturanalyse von Mammographiedaten eignen (Arasu VA 2023).

MRT – Einfach und kurz

Die Screening-MRT sollte all das weglassen, was die MRT komplex macht, so Kuhl. Die fokussierte MRT (auch AB-MRT) erfüllt diesen Anspruch durch die Reduzierung auf ein MIP-Bild, das Kontrastmittelanreicherung zeigen kann, und ein FAST-Bild, das die Kontrastmittelanreicherung charakterisiert (Kuhl 2014). Die Befundungszeit im Studiensetting lag für die MIP bei 2,8 Sekunden; war die MIP positiv und FAST wurde zusätzlich befundet, stieg die Befundungszeit auf 28±23 Sekunden.

Das ECOG ACRIN EA 1141 Trial liefert für Frauen mit dichtem Brustgewebe Vergleichsdaten zum fokussierten Protokoll: Die Karzinom-Detektionsrate mit der MRT lag bei 15,2 pro 1.000 Frauen. Die DBT detektierte mit 6,2 pro 1.000 Frauen weniger als die Hälfte der Fälle (Comstock 2020). Alle G3 Karzinome waren nur mittels fokussierter MRT sichtbar.

„Wir brauchen Risikostratifizierung. Wir haben die Methode, wir müssen sie nur einsetzen“, so Kuhl.

Arasu VA. Comparison of Mammography AI Algorithms with a Clinical Risk Model for 5-year Breast Cancer Risk Prediction: An Observational Study. Radiology 2023;307(5):e222733

Bakker MF et al. Supplemental MRI Screening for Women with Extremely Dense Breast Tissue. N Engl J Med 2019; 381(22):2091-102


Berg WA et al. Combined screening with ultrasound and mammography vs mammography alone in women at elevated risk of breast cancer. JAMA 2008;299(18):2151-63

Berg WA et al. Detection of breast cancer with addition of annual screening ultrasound or a single screening MRI to mammography in women with elevated breast cancer risk. JAMA 2012;307(13):1394-404

Comstock CE et al. Comparison of Abbreviated Breast MRI vs Digital Breast Tomosynthesis for Breast Cancer Detection Among Women With Dense Breasts Undergoing Screening. JAMA 2020 25;323(8):746-756

Geuzinge HA et al. Cost-Effectiveness of Magnetic Resonance Imaging Screening for Women With Extremely Dense Breast Tissue. J Natl Cancer Inst. 2021;113(11):1476-1483. 


Houssami N, Hunter K. The epidemiology, radiology and biological characteristics of interval breast cancers in population mammography screening. npj Breast Cancer 2017;13:3:12


Independent UK Panel on Breast Cancer Screening. The benefits and harms of breast cancer screening: an independent review. Lancet 2012 Nov 17;380(9855):1778-86

Jahresbericht Evaluation 2020. Deutsches Mammographie-Screening-Programm. Kooperationsgemeinschaft Mammographie, Berlin, Dezember 2022 


Kuhl CK et al.  Abbreviated breast magnetic resonance imaging (MRI): first postcontrast subtracted images and maximum-intensity projection-a novel approach to breast cancer screening with MRI. J Clin Oncol. 2014;32(22):2304-10

Kuhl CK et al. Supplemental Breast MR Imaging Screening of Women with Average Risk of Breast Cancer. Radiology 2017;283(2):361-70


Mann RM et al. Contrast-enhanced MRI for breast cancer screening. J Magn Reson Imaging 2019;50(2):377-90

Sung JS et al. Breast Cancers Detected at Screening MR Imaging and Mammography in Patients at High Risk: Method of Detection Reflects Tumor Histopathologic Results. Radiology 2016;280(3):716-22

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