Röko Digital 2023 – CT-Strahlendosisreduktion bedarf mehrerer Methoden
Das Lungenkarzinom-Screening verschärft eine Daueraufgabe der CT-Bildgebung: Strahlenbelastung zu minimieren ohne die Bildqualität zu beschneiden. Dies wird durch die Kombination verschiedener Prinzipien der Dosisreduktion möglich.
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Datum:03.08.2023 0 Kommentare
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Autor:kf/ktg
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Sprecher:Marc Kachelrieß, DKFZ Heidelberg
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Quelle:RöKo Digital 2023
Je mehr Strahlung, desto mehr Krebs. Diese lineare no-threshold (LNT) Hypothese wird für die Bildgebung vorausgesetzt, auch wenn die Daten dazu vor allem aus Populationen stammen, die hohen Strahlendosen ausgesetzt waren, und biopositive Effekte niedriger Strahlendosis nicht in dieses Modell eingehen (Feinendegen 1999). Als Grundprinzip gilt deshalb, die die Strahlendosis so niedrig wie möglich zu halten. Gleichzeitig muss die Bildqualität gute Diagnostik erlauben. Bildqualität bedeutet primär gute Auflösung, sie ist aber auch vom Bildrauschen abhängig.
Durch welche Maßnahmen und vor allem Maßnahmenkombination sich beides erreichen lässt, erläuterte Marc Kachelrieß, Heidelberg, beim Digitalen RöKo 2023. Ein Hintergrund sind die Expertenempfehlungen zur Low-Dose-CT für das Lungenkarzinom-Screening, dessen Einführung Kachelrieß für 2024 prognostiziert. Hier werden vorwiegend Gesunde gescannt, die sich im Lauf ihres Lebens geschätzt 20 bis 30 Scans unterziehen. Trotz der sehr niedrigen Strahlendosis der Einzeluntersuchung ist für die Screening-Klientel die kumulative Dosis relevant. Zudem müssen die Grenzwerte verschiedene Scanner hinsichtlich ihrer technischen Möglichkeiten und ihrer Verfügbarkeit einbeziehen.
Optimierung nach dem ALARA-Prinzip
Das Rauschen steigt durch
- schärfere Rekonstruktions-Kerne
- geringere Schichtdicke
- höheres Volumen der Patient:innen
Das Rauschen sinkt
- mit steigender Strahlendosis
- durch Iterative oder Deep Learning Rekonstruktion
Um „as low as reasonably achievable” (ALARA) zu scannen, ergeben sich daraus an folgenden Stellen Optimierungsmöglichkeiten:
Röhrenstrom- und -spannung
- Röhrenstrom-Modulation (TCM) nutzen. Hierfür verwenden unterschiedliche Hersteller unterschiedliche Konzepte.
- Röhrenstrom (mAs) an Gewicht der Patient:innen anpassen.
- Röhrenspannung (mV) an Gewicht der Patient:innen und an die Art der Untersuchung anpassen
- Bei kV-Einstellung Vorschlag des Scanners berücksichtigen.
- Kachelrieß wies darauf hin, dass die ATVS (Automatic Tube Voltage Selection) oft abgeschaltet ist. Man müsse sie aber verwenden.
Kontrastmittel
- Wird iodhaltiges Kontrastmittel verwendet, sollte man die kV so niedrig wie möglich einstellen. Der Grund: Der Iodkontrast steigt bei niedrigeren kV-Einstellungen. Damit steigt bei gleicher Strahlendosis das Kontrast-Rausch-Verhältnis, wenn die Röhrenspannung sinkt.
- Gleichzeitig sollte die Iodgabe so niedrig wie möglich ausfallen.
Filter
- Patient:innen-spezifische Vorfilter nutzen, so vorhanden. Diese Filter gibt es seit etwa zehn Jahren. Sie sind zwischen Röntgenröhre und Patient:in angebracht und filtern niederenergetische Photonen heraus. So gelangt weniger Strahlung zu den Patient:innen. Je nach Hersteller unterscheidet sich das Filtermaterial. Derzeit sind Zinn, Silber und Kupfer in Verwendung.
Die Filter können die Strahlendosis durchaus bis zu 50 Prozent reduzieren, so Kachelrieß. Einzelne Studien zeigen deutlich höhere Dosiseinsparungen, zum Teil bis um die 90% (Schüle 2022, Schabel 2018).
Rekonstruktion und Scan-Parameter
- Rekonstruktionskern sollte nicht zu scharf sein
- Schichtdicke nicht dünner als nötig
- Iterative oder Deep Learning Rekonstruktionen nutzen
- Scan-Länge minimieren
- Topogramm optimieren
- Nicht übertreiben! Die Bildqualität muss gegeben sein!
Lungenkrebs-Früherkennung mit Low-Dose CT
Kachelrieß erläuterte, wie die Sachverständigen-Gruppe unter Vorsitz des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) zur Empfehlung des Strahlendosis-Referenzwerts für Low-Dose-CT beim Lungenkarzinom-Screening gelangte. Es galt, einen Kompromiss zu finden zwischen der Verfügbarkeit der Systeme und minimaler Strahlenbelastung.
Das BfS hat die Gesamtdosis im Screening limitiert auf maximal 1,3 mGy, was bei Lungenscans ungefähr 0,65 mSv entspricht. Die Expertenkommission, deren Mitglied Kachelrieß ist, kommentiert die Anforderung dahingehend, dass der Wert sich auf ein Standardprotokoll und Patient:innen mit einem BMI von 26 kg/m2 bezieht. Sind die Patient:innen leichter, muss die maximale Dosis geringer ausfallen, sind sie schwerer, sollte sie höher sein. „Das Wichtigste ist, die Expositionsparameter an die Patientendicke anzupassen“, so Kachelrieß.
Derzeit liegt die „Verordnung nach § 84 Absatz 2 des Strahlenschutzgesetzes“, durch die die Low-Dose-CT zur Früherkennung von Lungenkarzinomen bei Raucher:innen für zulässig erklärt wird, im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Kachelrieß prognostiziert die Entscheidung über das Inkrafttreten der Verordnung für 2024. Danach kann der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer Frist von 18 Monaten prüfen, ob und wie das Screening als GKV-Leistung eingeführt wird.
Parameter für die Low-Dose-Screening-CT und Kommentare der Sachverständigen
Das BfS sieht derzeit folgende Parameter für die Low-Dose-CT im Lungenkarzinomscreening vor. Kachelrieß fügte dieser Übersicht die Kommentare aus radiologischer Sicht hinzu:
Parameter |
Anforderung BfS |
Kommentar |
Dosiskonversion |
k = 0,019 mSv/mGy/cm |
Deff = k × DLP |
Topogramm CTDI |
≤ 20 des Screening CTDI |
Zusätzlich Vorfilter nutzen |
Scanlänge |
An Lunge adaptieren |
Nicht länger als Lunge |
Scandauer |
≤ 15 s |
Atemanhalt erforderlich |
Spiral Pitch Value |
Herstellerabhängig |
Moderat bis hoch |
Rotationszeit |
≤ 1 s |
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Screening CTDI |
≤ 1,3 mGy » 0,65 mSv bei Lungenscans |
Für BMI = 26 kg/m2 |
Zusätzlicher Vorfilter |
Ja |
Zumindest für BMI ≤ 40 kg/m2 |
TCM, Auto-kV-Selektion |
Ja |
TCM in a und z |
Dynamische Kollimation |
Ja, zumindest in 64-Zeilen-Detektoren |
Um Overbeaming zu vermeiden |
Rekonstruktion |
Iterative oder Deep Learning Rekonstruktion |
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Räumliche Auflösung |
Zwischen 0,8 und 1.0 mm |
Für niedrigen Kontrast (50 HU) |
Schichtdicke |
≤ 0,7 mm |
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Voxelgröße (isotrop) |
≤ 70% der räumlichen Auflösung |
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Bildrauschen |
Niedrig genug, um diagnostisch zu sein |
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Expositionsparameter und Dosislevel müssen an das Gewicht der Patient:innen angepasst werden. |
CTDI = Computed Tomography Dose Index, TCM = Tube-Current-Modulation
Referenzen "Röko Digital 2023 – CT-Strahlendosisreduktion bedarf mehrerer Methoden"
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Stellungnahmen der betroffenen Fachkreise zur ausführlichen Begutachtung der Lungenkrebsfrüherkennung mittels Niedrigdosis-Computertomographie gemäß "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur wissenschaftlichen Bewertung von Früherkennungsuntersuchungen zur Ermittlung nicht übertragbarer Krankheiten (StrlSchGVwV-Früherkennung)“. www.bfs.de. Letzter Download am 17.7.2023
Feinendegen LE. The role of adaptive responses following exposure to ionizing radiation. Human & Experimental Toxicology 1999;18:426-32
Schabel C et al. Tin-filtered low-dose chest CT to quantify macroscopic calcification burden of the thoracic aorta. Eur Radiol 2018;28(5):1818-25
Schüle S et al. Low-Dose CT Imaging of the Pelvis in Follow-up Examinations-Significant Dose Reduction and Impact of Tin Filtration: Evaluation by Phantom Studies and First Systematic Retrospective Patient Analyses. Invest Radiol 2022 1;57(12):789-801