RöKo 2018 – Bloß keinen Dreck am Stecken: Haftungsrisiko Hygiene
Wie eine jüngere gerichtliche Entscheidung zeigt, wird es für ÄrztInnen schwieriger, das Haftungsrisiko Hygiene zu beherrschen. Tonja Gaibler, Ulsenheimer-Friedrich Rechtsanwälte, München, ging auf die Fallstricke ein.
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Präsentationstag:10.05.2018 4 Kommentare
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Autor:biho/ktg
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Sprecher:Tonja Gaibler, Ulsenheimer-Friedrich Rechtsanwälte, München
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Quelle:Deutscher Röntgenkongress 2018
Im vorliegenden Fall klagte ein Patient gegen das Hygienemanagement des Krankenhauses, in dem er sich nach einer „Tennisarm“-OP eine Infektion zugezogen hatte, deren Keimursache er in der offenen entzündeten Kniewunde seines Zimmernachbarn sah. Obwohl ein Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte, gab das Gericht dem Patienten Recht.
Beweisgrundsätze: Wo lauerte der Keim?
Bei bisherigen Gerichtsentscheidungen lag die Beweislast bei den PatientInnen: Sie konnten ihr Recht nur dann geltend machen, wenn sie die Infektionsquelle eindeutig nachweisen konnten. Dafür mussten sie beweisen, dass
- a) überhaupt ein Hygieneverstoß vorlag, und
- b) dieser zu einem Gesundheitsschaden / einer Infektion geführt hat.
In den meisten Fällen ist ein solch eindeutiger Nachweis jedoch nicht möglich – insbesondere nicht, wenn es sich wie im genannten Fall um einen physiologischen Hautkeim handelt. Unbekannte Infektionsquellen bergen demnach zukünftig hygienische Fallstricke für ÄrztInnen.
Die Beherrschbarkeit der Infektion
Bei bekannter Infektionsquelle bleibt: ÄrztInnen können Entlastung beibringen, indem sie aufzeigen, dass alles getan wurde, um das Entstehen einer Infektionsquelle zu vermeiden. Hierzu zählen unter anderem:
- Reinheit der Desinfektionsmittel
- Sterilität der Infusionsflüssigkeit
- Keimübertragung durch BehandlerInnen ausgeschlossen
- Korrekte Lagerung der Flüssigkeiten
- Regelmäßige Desinfektion und Kontrolle der Untersuchungsflächen, OP-Tische u.a.
Hygienestandards – hier sind sie
Der Paragraph §23 des Infektionsschutzgesetzes verpflichtet Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen zum Einhalten der Hygienestandards nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft, so Gaibler. Dahinter verbergen sich primär die
regelmäßig aktualisierten Leitlinien der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI). Es gelten jedoch noch weitere Gesetze und Verordnungen, wie zum Beispiel die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), landesrechtliche Regelungen und Hygieneverordnungen sowie allgemein anerkannte Grundregeln, die nicht gesondert festgelegt sind.