Röko Digital – Mamma-MRT: In Deutschland fehlt die EBM-Ziffer

Röko Digital – Mamma-MRT: In Deutschland fehlt die EBM-Ziffer

Obwohl diverse Indikationen für die Mamma-MRT unstrittig sind, wird sie in Deutschland oft nicht durchgeführt. Ein Grund: Die Kostenerstattung fehlt.

  • Präsentationstag:
    23.07.2020 2 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Ulrich Bick, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • Quelle:
    Röntgenkongress Digital 2020

Die Mamma-MRT ist etabliert. „Es wird immer wieder behauptet, dass die MRT sehr unspezifisch ist, das gilt aber nur für kleine Tumoren bis circa fünf Millimeter“, so Ulrich Bick, Charité Berlin. Die MRT zeigt mehr als 98% Sensitivität für invasive Mammakarzinome ab 5mm und eine Spezifität zwischen 85 und 95% in Abhängigkeit von der Läsionsgröße.

Leitlinienempfehlungen

Die aktuellen Leitlinien für Europa, Deutschland und Österreich empfehlen Folgendes:

 

Europa: EUSOBI

Deutschland: S3-Leitlinie V4.3

Österreich: ÖGS

Stand

2015

2/2020

In Vorbereitung

Früherkennung

Hochrisiko

Hochrisiko

Hochrisiko

Abklärung

Nein. Primär nur „Triple-Assessment“ (Mammographie, Ultraschall und Biopsie)

Nur in Fällen, die durch Mammographie, Ultraschall und Biopsie nicht ausreichend sicher gelöst werden können

Klärung von nicht-eindeutigen oder diskrepanten Befunden

Primärtumorsuche

Ja

Ja

Ja

Tumorstaging

Einzelfallentscheidung

Einzelfallentscheidung

Einzelfallentscheidung

Knackpunkt Kostenübernahme

Als Hauptgrund für den zögerlichen Einsatz der Mamma-MRT in Deutschland macht Bick die komplizierte, unklare oder nichtvorhandene Kostenübernahme aus.
Österreich ist einen Schritt weiter: Dort gibt es bereits eine Abrechnungsziffer für die Mamma-MRT, die auf Antrag oder nach Zuweisung mit Begründung abgerufen werden kann. So sieht die Kostenübernahme im Moment aus:

 

Deutschland

Österreich

Früherkennung

Hochrisiko

(über spezielle integrierte Versorgungsverträge mit universitären Zentren)

Auf Antrag bzw. Zuweisung mit entsprechender Begründung

Abklärung

Im Mammographie-Screening als Teil der Assessment-Pauschale

Differenzierung Narbe/Rezidiv

Priumärtumorsuche

Ja

Tumorstaging

Nicht ambulant, aber als Teil der stationären DRG

 

„Beim Staging hat man in Deutschland den schwarzen Peter an die Krankenhäuser abgegeben“, sagte Bick. Sie können die MRT zwar durchführen, aber nur im Rahmen der Fallpauschale abrechnen, weshalb die Untersuchung selten durchgeführt wird.

 

Außerdem sollen randomisierte Studien nachweisen, dass MRT-Screening die Mortalität senkt. „Das ist schwierig und ethisch eigentlich unmöglich“, kommentierte Bick. 

Weiterhin fehlt es in Deutschland bisher an ausreichender Qualitätssicherung für Durchführung und Befundung der Mamma-MRT.

Als wichtigste Barrieren auf dem Weg zur Einführung der Mamma-MRT nannte Bick die fehlende Kostenübernehme für die MRT-gesteuerte Biopsie. Sie lehnt der MDK bisher als „experimentell“ ab. „In dem Moment, in dem dafür eine EBM-Ziffer existierte, würde die Biopsie auch durchgeführt,“ kommentierte Bick.

MRT in der Früherkennung

In der deutschen S3-Leitlinie Stand Februar 2020 steht noch, dass nur die Mammographie (keine weitere Methode) die Brustkrebsmortalität gesichert senkt. „Das ist so nicht korrekt“, konstatierte Bick.

  • Die Sensitivität der MRT sei im direkten Vergleich mit der Mammographie und/oder der Sonographie deutlich besser.
  • Außerdem erkennt die MRT Karzinome in früheren Stadien als die Vergleichsmethoden: Bei 89% der durch die MRT entdecken Karzinome sind die Lymphknoten negativ, im Vergleich zu 38% der durch die Mammographie entdeckten Karzinome.
  • Zudem gibt es weniger Intervallkarzinome: Die niederländische DENSE Studie (Bakker 2019) verglich MRT versus Mammographie bei Frauen mit dichtem Brustgewebe. Für Frauen, die zusätzlich zur Mammographie eine Einladung zur MRT erhalten hatten, sank die Intervallkarzinomrate von 5 auf 2,5 pro 1000 Screenings. Darin sind auch die Frauen enthalten, die zum MRT-Screening eingeladen waren, aber die MRT nicht nutzten. „Man muss, wenn man korrekt randomisieren will, alle Eingeladenen einbeziehen“, erläuterte Bick. Hatten die Frauen tatsächlich eine MRT erhalten, sank die Intervallkarzinomrate auf 0,8.

 

In bestimmten Fällen ist allerdings Vorsicht angebracht:

  • Bei zu niedriger Brustkrebsinzidenz in der untersuchten Population sinkt der positive prädiktive Wert in nicht akzeptable Bereiche.
  • Die Detektionsraten sind abhängig von der Risikokonstellation und vom Alter. Gerade bei älteren, postmenopausalen Frauen ohne genetische Risikokonstellation sollte man diagnostisch vorsichtig sein.
  • Entgegen der allgemeinen Annahme findet die MRT einen hohen Anteil von G1-Karzinomen. „Die MRT findet eben nicht nur aggressive Karzinome – es gibt auch im MRT–Screening Überdiagnosen“, so Bick.

Fazit

  1. Die MRT ist das primäre Früherkennungsverfahren in der Hochrisikosituation.
  2. Im Rahmen von Abklärung und Therapie ist die Nutzung der MRT im Einzelfall zu bewerten.
  3. Der Nutzen der MRT ist umso größer, je höher die Wahrscheinlichkeit eines klinisch relevanten Zusatzbefundes ist.

 

Referenzen

Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Mammakarzinom| Version 4.3| Februar2020
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom/Letzter Online-Abruf :28. Juli 2020
 
Bakker LA et al. Supplemental MRI Screening for Women with Extremely Dense Breast Tissue
N Engl J Med 2019;381:2091-102
https://doi.org/10.1056/NEJMoa1903986

 

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