RSNA 2022 – Prostatakarzinom: Wie man MRT für die Biopsieentscheidung nutzt

RSNA 2022 – Prostatakarzinom: Wie man MRT für die Biopsieentscheidung nutzt

Wie entscheidet man, ob bei Verdacht auf Prostatakrebs eine Biopsie erforderlich ist? Die MRT kann bei der Entscheidungsfindung helfen, aber: Das MRT-gesteuerte Entscheidungsmodell (MRT-Biopsie-Pfad) muss risikobasiert sein.

  • Präsentationstag:
    30.11.2022 1 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Anwar R. Padhani, Institute of Cancer Research, London
  • Quelle:
    RSNA 2022

·      Nach negativer MRT ohne erhöhtes klinisches Risiko ist eine Biopsie nach den neuesten EU-Leitlinien nicht gerechtfertigt.

·      Die Auswahl der Patienten für den MRT-Biopsie-Pfad muss risikobasiert erfolgen.

·      Die Schwellenwerte zur Entscheidung über eine Biopsie sollten an die PSA-Dichte angepasst werden.

 

Der Einsatz der MRT zur Entscheidung über eine Biopsie bei Verdacht auf Prostatakrebs hat Vor- und Nachteile. Anwar R. Padhani, Institute of Cancer Research in London, diskutiert das MRT-geleitete diagnostische Entscheidungsmodell ("MRT-Biopsie-Pfad") bei biopsie-naiven Männern mit Prostatakrebsrisiko.

Vier Hauptvorteile eines MRT-Biopsie-Pfades

Bei Patienten mit mittlerem und hohem Risiko für ein signifikantes Prostatakarzinom – das heißt Grading-Gruppe ≥2 – kann ein MRT-gesteuerter Biopsie-Pfad anstelle der direkt durchgeführten systematischen Biopsie …

  • ... die Zahl der Patienten reduzieren, die sich einer Biopsie unterziehen müssen.
  • ... die Diagnosen indolenter Erkrankungen reduzieren.
  • ... zu genaueren gezielten Biopsien (targeted biopsy) und einem präziseren Grading führen.
  • ... signifikante Erkrankungen bei Biopsie-naiven Männern nicht weniger gut detektieren.

Systematische Prostatabiopsie
= mehrere (normalerweise 12) Gewebeproben aus verschiedenen Bereichen der Prostata

Gezielte (targeted) Prostatabiopsie
= bildgebungsbasierte Biopsie nur von krebsverdächtigen Bereichen der Prostata

Potenzieller Schaden bedingt durch MRT-Biopsie-Pfad

Nachteile aufgrund falsch-negativer Resultate

In einer Studie, an der 10 britische Zentren teilnahmen (Stonier et al. 2020), sind die Nachteile in allen Zentren vergleichbar: Bei der MRT werden durchweg 5-12 % der Karzinome aus Grading-Gruppe ≥2 übersehen.

Nachteile aufgrund falsch-positiver Resultate

In einer anderen Studie (Westphalen et al. 2020) war der positive prädiktive Wert von PI-RADS (Prostate Imaging and Reporting Data System) – und damit die Empfehlung für eine gezielte Biopsie – niedrig und variierte stark zwischen 26 zumeist US-amerikanischen Zentren.

"Es hat sich herausgestellt, dass der Schaden durch einen falsch-positiven Befund schlimmer ist als der durch einen falsch-negativen Befund", so Padhani. "Dessen sollten wir uns alle bewusst sein."

Maßnahmen zum Reduzieren der Nachteile falsch-positiver Befunde

1) Befundung der Prostata-MRT verbessern (Stavrinides 2021)

Falsch-positive und richtig-positive Ergebnisse unterscheiden sich in Bezug auf ihre

  • PSA-Dichte (PSAD = Gesamt-PSA (ng/ml) geteilt durch Prostatavolumen (ml))
  • Vorhandensein oder Fehlen zusätzlicher MRT-Läsionen
  • Charakteristika der Indexläsionen

2) Anpassen der Schwelle, ab der ein Ergebnis als positiv gilt

In einer fachärztlich-urologischen Population mit hoher Krebsprävalenz sollten die PI-RADS 3, 4 und 5 als Krebs angesehen werden. In einer Screening-Population mit niedriger Prävalenz sollten hingegen nur PI-RADS 4 und 5 als Krebs angesehen werden.
In einer fachärztlich-urologischen Population mit hoher Krebsprävalenz sollten die PI-RADS 3, 4 und 5 als Krebs angesehen werden. In einer Screening-Population mit niedriger Prävalenz sollten hingegen nur PI-RADS 4 und 5 als Krebs angesehen werden.

 Üblicherweise gelten PI-RADS 3, 4 und 5 als Karzinome (Barkovich 2019). "Aber der optimale Schwellenwert hängt von der Prävalenz ab", so Padhani:

  • In einer fachärztlich-urologischen Population liegt die Prävalenz bei 30-50 Prozent. Hier sind PI-RADS 3, 4 und 5 als Karzinom anzusehen.
  • In einer Screening-Population hingegen liegt die Prävalenz bei nur 4 Prozent. Hier sind nur PI-RADS 4 und 5 als Karzinom anzusehen.

3) PSA-Dichte als klinischen Risikofaktor berücksichtigen

Die Kombination des MRT-Risikoscores mit der PSA-Dichte hilft, das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu optimieren. Dies kommt in den Leitlinien der European Association of Urology (EAU) von 2022 zum Ausdruck. Diese verwenden einen risikobasierten Pfad und beziehen die PSA-Dichte ein, was zu weniger Biopsien führt, ohne die Sensitivität zu beeinträchtigen.

4) Optimieren Sie die Art, wie Biopsien durchgeführt werden

Zur Frage, wann eine Biopsie durchgeführt werden sollte und ob es eine gezielte oder systematische Biopsie sein sollte, empfehlen die EAU-Leitlinien dies:

Empfehlungen für biopsie-naive Patienten

Wenn die MRT negativ ist (also PI-RADS ≤ 2) und der klinische Verdacht auf ein PCa GERING ist (z. B. PSA-Dichte < 0,15 ng/ml), sollte die Biopsie auf Grundlage einer gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten unterbleiben.

Empfehlungen für Patienten mit vorheriger negativer Biopsie

Wenn die MRT negativ ist (also PI-RADS ≤ 2) und der klinische Verdacht auf ein PCa HOCH ist, sollte eine systematische Biopsie auf Grundlage einer gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten erfolgen.

Führt alleinige Targeted Biopsie zu Überdiagnose / Überbehandlung?

"Die MRT neigt dazu, nur den gefährlichste Teil des Tumors sichtbar zu machen; den Rest des Karzinoms sieht man in der Regel nicht", erklärte Padhani. Dies kann dazu führen, dass mehr Operationen und Strahlentherapien durchgeführt werden, obwohl man sich eigentlich zurückhalten sollte", sagte er.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist die so genannte fokale Sättigungsbiopsie (Hagens MJ 2022). Bei diesem Ansatz wird eine gezielte Läsionsbiopsie mit einer regionalen "Penumbra"-Biopsie kombiniert. "Wir sollten darüber nachdenken, in diese Richtung zu gehen", schloss Padhani.

Fazit – Abwägen von Nutzen und Risiken

  • In der EU gilt eine Biopsie nach negativer MRT ohne erhöhtes klinisches Risiko als nicht gerechtfertigt.
  • Die Auswahl der Patienten für die MRT sollte risikostratifiziert werden. Berücksichtigen Sie auch die Toleranz eines Patienten gegenüber falschen Ergebnissen.
  • Passen Sie die Schwellenwerte für die Biopsieentscheidung an die PSA-Dichte (PSAD) an oder verwenden Sie einen kalibrierten Risikokalkulator.
  • Optimieren Sie die Art und Weise, wie Sie Biopsien und die histologischen Untersuchungen durchführen.

 

Referenzen

Bangma CH et al. Restricting False-positive Magnetic Resonance Imaging Scans to Reduce Overdiagnosis of Prostate Cancer. Eur Urol 2021;79(1):30-32

Barkovich EJ, Shankar PR, Westphalen AC. A Systematic Review of the Existing Prostate Imaging Reporting and Data System Version 2 (PI-RADSv2) Literature and Subset Meta-Analysis of PI-RADSv2 Categories Stratified by Gleason Scores. AJR Am J Roentgenol 2019;212(4):847-854

EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Amsterdam 2022. ISBN 978-94-92671-16-5. uroweb.org/guidelines/prostate-cancer

Hagens MJ et al. Diagnostic Performance of a Magnetic Resonance Imaging-directed Targeted plus Regional Biopsy Approach in Prostate Cancer Diagnosis: A Systematic Review and Meta-analysis. European Urology Open Science 2022;40:95-103

Padhani AR, Haider MA, Rouviere O. Balancing the benefits and harms of MRI-directed biopsy pathways. Eur Radiol 32, 2326–2329 (2022)

Stavrinides V et al. False Positive Multiparametric Magnetic Resonance Imaging Phenotypes in the Biopsy-naïve Prostate: Are They Distinct from Significant Cancer-associated Lesions? Lessons from PROMIS. European Urology 2021;79(1):20-29

Stonier T et al. The "Is mpMRI Enough" or IMRIE Study: A Multicentre Evaluation of Prebiopsy Multiparametric Magnetic Resonance Imaging Compared with Biopsy. Eur Urol Focus. 2021 Sep;7(5):1027-1034

Westphalen AC et al. Variability of the Positive Predictive Value of PI-RADS for Prostate MRI across 26 Centers: Experience of the Society of Abdominal Radiology Prostate Cancer Disease-focused Panel. Radiology 2020;296(1):76-84

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