Evidenz für Thrombektomie bei Verschluss großer intrakranieller Arterien

Evidenz für Thrombektomie bei Verschluss großer intrakranieller Arterien

Zwei aktuelle randomisierte Studien zeigen: Patient:innen mit Verschlüssen einer großen Arterie im vorderen Hirnkreislauf mit großen Kernvolumen profitieren von der Thrombektomie. Die Studien bestätigen damit die derzeitigen Leitlinienempfehlungen.

  • Datum:
    02.03.2023
  • Autor:
    B. Albers (mh/ktg)
  • Quelle:
    Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

Die SELECT2-Studie

Die internationale SELECT2-Studie (Sarraj et al. 2023) untersuchte prospektiv und randomisiert im Open-Label-Design den Nutzen der Thrombektomie innerhalb von 24 Stunden nach Auftreten der Symptome bei schweren ischämischen Hirninfarkten – genauer: mit Verschluss der A. carotis interna oder des ersten Segments der A. cerebri media mit großem ischämischen Kernvolumen.

Primärer Endpunkt war der Behinderungsgrad auf der modifizierten Rankin-Skala nach 90 Tagen. 178 Patient:innen erhielten eine Thrombektomie zusätzlich zur medikamentösen Therapie, 174 wurden nur medikamentös behandelt.

Es zeigte sich eine hochsignifikante Überlegenheit des zusätzlichen Eingriffs mit einer um 51% höheren Chance für ein besseres Outcome. Allerdings kam es in der Thrombektomie-Gruppe bei 34 Patient:innen zu Komplikationen, darunter Gefäßperforationen, Dissektionen oder Vasospasmen. Die gefürchteten intrakraniellen Blutungen traten aber nur bei einer mit Thrombektomie behandelten Person auf, in der Vergleichsgruppe bei zwei Personen.

„Die SELECT2-Studie unterstützt somit den Behandlungsstandard, der in der Leitlinie der DGN festgelegt ist, und zwar dass bei Verschluss einer großen Arterie im vorderen Kreislauf die endovaskuläre Therapie erfolgen soll. Es handelt sich dabei um eine starke Empfehlung mit Evidenzgrad 2, der durch die neue Studie perspektivisch sogar auf 1 hochgesetzt werden könnte“, so Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

Ähnliches Ergebnis großer chinesischer Studie

Ein ganz ähnliches Ergebnis zeigte eine große chinesische Studie (Huo et al. 2023). Dort waren 456 Patient:innen mit Verschlüssen der A. cerebri anterior mit großem ischämischen Kernvolumen  eingeschlossen worden. 231 erhielten eine Thrombektomie, 225 wurden medikamentös behandelt. 285 der Studienteilnehmenden beider Gruppen erhielten eine Thrombolyse. Auch diese Studie wurde aufgrund der hochsignifikanten Überlegenheit der Thrombektomie vorzeitig beendet.

Wie in der SELECT2-Studie umfasste der primäre Endpunkt den Unterschied im Hinblick auf das Outcome erhoben mit der modifizierten Rankin-Skala, nach 90 Tagen betrug die Odds Ratio 1,37. Intrakranielle Blutungen traten in dieser Studie allerdings häufiger in der Thrombektomiegruppe als in der rein medikamentös behandelten Gruppe auf.

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