MRT zur Parkinson-Diagnostik: Neues zum Schwalbenschwanz-Zeichen
Nigrosom 1 und das MRT-basierte Schwalbenschwanz-Zeichen überlappen sich nur teilweise. Eine alte Lehrmeinung sollte daher revidiert werden.
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Datum:21.08.2022
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Autor:B. Hennebach (mh/ktg)
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Quelle:Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
„Jenes MRT-Zeichen, das sogenannte Schwalbenschwanz-Zeichen, schließt zwar einen Teil der anatomischen Region ‚Nigrosom 1‘ ein, sieht aber ganz anders aus“, erklärt Malte Brammerloh, Neurophysiker am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. „Das ist für den klinischen Bereich relevant, weil die Identifikation ‚Schwalbenschwanz-Zeichen entspricht Nigrosom 1‘ zur Lehrmeinung geworden ist und revidiert werden sollte.“
Nur teilweise Überlappung von Nigrosom 1 und Schwalbenschwanz-Zeichen
Brammerloh und KollegInnen haben mikroskopische 3D-Untersuchungen von menschlichen Gehirnen nach dem Tod mit MRT-Technik kombiniert, um zu zeigen, dass Nigrosom 1 und das radiologische Schwalbenschwanz-Zeichen sich nur teilweise überlappen und in der Tat sehr unterschiedlich sind. Die WissenschaftlerInnen plädieren daher dafür, das Schwalbenschwanz-Zeichen nicht mit der Region Nigrosom 1 gleichzusetzen. Dies erlaubt eine Neuinterpretation des diagnostischen Schwalbenschwanz-Zeichens und eröffnet gleichzeitig neue Wege zur spezifischen Nigrosombildgebung. Brammerloh: „Wir glauben, dass man mit diesem neuen Wissen besser versteht, wie Anatomie und MRT-Kontraste zusammenhängen und wie neue MRT-Marker für die frühe Diagnose von Parkinson entwickelt werden können.“
Hintergrund zum Schwalbenschwanz-Zeichen bei M. Parkinson
Vom Untergang dopaminproduzierender Nervenzellen in der Substantia Nigra im Mittelhirn sind die Nervenzellen im Nigrosom 1 innerhalb der Substantia Nigra besonders stark und frühzeitig betroffen. Mit hochaufgelöster MRT-Bildgebung ist die Abbildung des Schwalbenschwanzzeichens möglich, welches sich im hinteren Drittel der Substantia nigra befindet und nach gängiger Lehrmeinung Nigrosom 1 entspricht.
Bei gesunden Menschen erkennt man im MRT-Bild eine signalreiche längliche Struktur, die vorne und an den Seiten von signalarmen Arealen umgeben ist. Diese besondere Form erinnert an einen Schwalbenschwanz, daher spricht man auch vom Schwalbenschwanz-Zeichen (engl. Swallow tail sign). Nach der gängigen Interpretation des Zeichens führt das Absterben der Neuronen im Nigrosom 1 bei Parkinson-Betroffenen dazu, dass das Schwalbenschwanz-Zeichen schließlich nicht mehr erkennbar ist. Ist das der Fall, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Erkrankung vor.
Zur Originalpublikation „Swallow tail sign: revisited“ in Radiology 2022