Verdacht auf Prostata-CA: Bei unauffälligem MRT geringes Krebsrisiko
Bei Männern mit auffälligem PSA-Wert, aber unauffälliger multiparametrischer Prostata-MRT kann auf eine Stanzbiopsie zunächst verzichtet werden. Das zeigt eine jetzt nach acht Jahren beendete Studie der Charité.
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Datum:16.12.2024
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Autor:M. Zingl (mh/ktg)
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Quelle:Charité – Universitätsmedizin Berlin
Ein erhöhter PSA-Wert kann ein Hinweis auf Prostatakrebs sein, aber auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein. Um das zu klären, wird bei auffälligen PSA-Werten oft eine Stanzbiopsie durchgeführt. Ein alternativer Ansatz wäre,
- zunächst anhand von MRT-Aufnahmen nach Anzeichen für einen Tumor zu suchen
- und nur bei Auffälligkeiten eine Biopsie durchzuführen.
Ob eine solche MRT-gestützte Strategie auch langfristig sicher ist, hat eine Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich die Patienten damit mindestens für drei Jahre keinem erhöhten Risiko aussetzen. Die Studie ist nach acht Jahren jetzt abgeschlossen und in JAMA Oncology erschienen.
Bei unauffälligem MRT zunächst nur Kontrolluntersuchungen
Für die Studie hat das Team fast 600 Männer mit Verdacht auf Prostatakarzinom untersucht. Bei ihnen wurde an der Charité eine multiparametrische MRT durchgeführt. „Nur wenn die MRT-Aufnahmen verdächtige Veränderungen der Prostata zeigten, wurde eine Gewebeprobe genommen. Die Männer mit unauffälligem MRT-Befund unterzogen sich stattdessen drei Jahre lang regelmäßig urologischen Kontrolluntersuchungen. So konnten wir sehen, ob dieser Ansatz sicher ist“, so Charlie Hamm, Erstautor der Publikation und Arzt an der Klinik für Radiologie der Charité.
Krebsrisiko bei unauffälligem MRT sehr gering
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann mit einem unauffälligen MRT-Ergebnis innerhalb von drei Jahren nicht an aggressivem Prostatakrebs erkrankte, lag im Rahmen der Studie bei 96 Prozent. Nur bei vier Prozent der Teilnehmenden wurde trotz negativen MRT-Befunds bei weiteren Kontrollen ein aggressives Prostatakarzinom festgestellt.
„Zwar bietet ein unauffälliger MRT-Befund alleine keine hundertprozentige Sicherheit, aber wenn man die Patienten regelmäßig kontrolliert, entdeckt man einen möglichen Krebs früh genug. Das bedeutet für viele Männer: Sie können sich die unangenehme Gewebeprobe erstmal ersparen und müssen sich trotzdem keine Sorgen machen, dass ein Krebs übersehen wird.“
Enge Zusammenarbeit mit niedergelassenen urologischen Praxen
Die Studie entstand in enger Kooperation zwischen niedergelassenen urologischen Praxen in Berlin und der Klinik für Radiologie der Charité. Die niedergelassenen Ärzt:innen waren sowohl bei der Konzeption der Studie als auch bei der Rekrutierung, den Folgeuntersuchungen und Behandlungen beteiligt.
"Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass auch in einem dezentralen, ambulanten Versorgungsnetz der sogenannte MRT-Diagnoseweg sicher und effektiv ist“, stellt Charlie Hamm fest. „Wir hoffen, dass die Studie einen Anstoß gibt, den Stellenwert der MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Biopsie auch in der deutschen Leitlinie weiter zu stärken.“
Bedingungen für eine Implementierung in die Praxis
Damit die neuen Erkenntnisse bald Eingang in die Praxis finden, sind zwei weitere Aspekte entscheidend:
- Die MRT-Aufnahmen muss von erfahrenen Fachleuten durchgeführt und befundet werden. Das bedeutet, mehr Radiolog:innen in der Befundung der Prostata-MRT zu schulen und standardisierte Verfahren anzuwenden.
- Es braucht ein Sicherheitsnetz für die Männer, die aufgrund der MRT zunächst keine Biopsie erhalten. „Das bedeutet klare Richtlinien für die PSA-Überwachung, wiederholte MRT-Untersuchungen und Kriterien, wann später eine Biopsie notwendig sein könnte“, betont Charlie Hamm.
Zur Studie: Hamm CA. et al. Oncological safety of MRI-informed decision-making in men with suspected prostate cancer. 2024 JAMA Oncol Dec 12