Brustkrebs: Screening ermöglicht Hochrisiko-Einschätzung
Etwa jede zwölfte Teilnehmerin einer schwedischen Brustkrebs-Screening-Kohorte unterliegt einem deutlich erhöhten Risiko für ein Intervallkarzinom. Ein Risikomodell auf Basis der Bildgebung kann diese Frauen identifizieren. Sie könnten von ergänzenden Screening-Untersuchungen profitieren.
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Datum:02.03.2021 1 Kommentare
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Journal:Radiology 2020;297(2):327-33
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Titel:Identification of Women at High Risk of Breast Cancer Who Need Supplemental Screening
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Autor:Mikael Eriksson et al.
Zur Originalstudie
Hintergrund
Mammographie-Screening reduziert die Brustkrebs-Mortalität. Aber: Ein Teil der Karzinome wird nicht erkannt und in erst in einer späteren Screeninguntersuchung oder zwischen zwei Screening-Untersuchungen als ‚Intervallkarzinom’ entdeckt.
Mikael Eriksson, Karolinska Institut Stockholm, und KollegInnen haben daher negativ befundete Mammogramme von Frauen unter die Lupe genommen, bei denen vor oder während der nächsten Screening-Untersuchung – in Schweden alle 18-24 Monate – ein Mammakarzinom festgestellt wurde. Auf dieser Grundlage entwickelten sie ein Modell zur Risikoeinschätzung. Es identifiziert jene Frauen, die von ergänzenden oder häufigeren Screening-Untersuchungen profitieren.
Fazit
Etwa acht Prozent der untersuchten Brustkrebs-Screening-Kohorte sind der höchsten Risikogruppe zuzuordnen: Ihr Risiko, ein Intervallkarzinom zu entwickeln, ist achtfach höher als das durchschnittliche Risiko.
Die AutorInnen empfehlen, über ergänzende Screening-Maßnahmen für diese Frauen nachzudenken.
Das Stockholmer Modell zur Risikoeinschätzung basiert primär auf Bildgebungs-Charakteristika. Es gewinnt zusätzlich an Qualität, wenn Informationen zu Lebensstil und familiärer Vorbelastung, sowie der polygene Risikoscore mit einbezogen werden.
Methode
Datensätze aus der prospektiven Screening-Kohorte des Karolinska Mammography Project for Risk Prediction of Breast Cancer (KARMA):
- 877 Screening-Teilnehmerinnen insgesamt (2011-2017)
- 974 Screening-Teilnehmerinnen mit Intervallkarzinom (2011-2017)
- Kontrollgruppe: 9.376 Gesunde Screening-Teilnehmerinnen 2011-2017
Altersadjustierte Risikoeinschätzung (U.K. National Institute for Health and Care Excellence) anhand dreier Modelle:
- Modell 1 „Bildgebungsbasiert“
Variablen: Durchschnittswerte und Seitenunterschiede links/rechts von Brustdichte, Mikrokalzifizierungen, Knoten; Alter - Modell 2 „+ Lebensstil + Familiäres Risiko“
Variablen aus Modell 1, zusätzlich Lebensstil (Hormonersatztherapie, Alkohol- und Nikotingenuss, Menopausal-Status, Body Mass Index) und familiäres Risiko - Modell 3 „+ Polygener Risikoscore“
Variablen aus Modell 2, zusätzlich polygener Risikoscore (PRS) – dieser Gentest bewertet 313 ‚Single Nucleotide Polymorphisms’, die auf ein Brustkrebsrisiko hinweisen
Untersucht wurden die negativ befundeten Mammogramme der mit Brustkrebs diagnostizierten Frauen aus einem Zeitraum von 3-24 Monaten vor Diagnose.
Ergebnisse
Von den 70.877 Teilnehmerinnen der KARMA-Kohorte entwickelten 974 ein Intervallkarzinom.
Rund 8% der Teilnehmerinnen (810 von 10.350) wurden der höchsten Risikokategorie zugeordnet (Zwei-Jahres-Risiko >1,6%). 27% der Teilnehmerinnen fielen in die Gruppe mit niedrigem Risiko (<0,15%).
Das relative Risiko, zwischen den Screening-Untersuchungen ein Mammakarzinom zu entwickeln, war bei den Frauen mit hohem Risiko achtfach höher als bei den Frauen mit durchschnittlichem Risiko.
Bei den Frauen mit hohem Risiko wurden häufiger Stage-II-Karzinome und Tumoren von zwei Zentimeter oder mehr diagnostiziert als bei Frauen mit durchschnittlichem Risikoprofil.
Stage-I-Tumoren und östrogenrezeptor-positive Tumoren (ER+) wurden bei den Frauen mit hohem Risiko seltener diagnostiziert als bei Frauen mit durchschnittlichem Risikoprofil.
Potenzial der drei Modelle zur Risikoeinschätzung
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Area under Curve |
Konfidenz |
Modell 1 Bildgebungsbasiert |
0,73 |
0,71 | 0,74 |
Modell 2 + Lebensstil + Fam. Risiko |
0,74 |
0,72 | 0,75 |
Modell 3 + Polygener Risikoscore |
0,77 |
0,75 | 0,79 |
mh/ktg
02.03.2021
Brustscreening