Prostatakrebs-Screening: PSA + MRT + nur gezielte Biopsie

Prostatakrebs-Screening: PSA + MRT + nur gezielte Biopsie

Eine PSA- und MRT-basierte Screening-Strategie unter Verzicht auf ‚blinde’ Gewebeproben halbiert das Risiko, indolente Prostatakarzinome zu finden.

  • Datum:
    12.01.2023
  • Journal:
    N Engl J Med 2022;387:2126-2137
  • Titel:
    Prostate Cancer Screening with PSA and MRI Followed by Targeted Biopsy Only
  • Autor:
    Jonas Hugosson et al.
    Zur Originalstudie

Fazit

Der Vergleich zweier Strategien für das Prostatakrebs-Screening von Männern mit erhöhtem PSA-Level zeigt: Der Einsatz einer gezielten Biopsie statt einer systematischen Biopsie halbiert das Risiko, nicht signifikanten Prostatakrebs zu finden. Die Rate, mit der klinisch signifikante Prostatakarzinome übersehen werden, bleibt dennoch gering.

Hintergrund

Das Prostatakrebs-Screening sieht sich mit einer hohen Rate an Überdiagosen konfrontiert. Den idealen Algorithmus für ein populationsbasiertes Screening gibt es bislang nicht.

In einer großen prospektiven Studie untersuchten Forschende der Sahlgrenska-Akademie (Universität Göteborg) und der Sahlgrenska-Universitätsklinik eine Screening-Strategie für Männer mit erhöhtem PSA-Level.

Methode

Studienteilnehmer

  • 37.887 Männer im Alter von 50-60 Jahren ➔ Einladung zum PSA-Test (prostataspezifisches Antigen)
  • Wenn PSA-Wert ≥ 3ng/ml ➔ Angebot einer multiparametrischen Prostata-MRT

Referenzgruppe (1/3 der Teilnehmer randomisiert)

  • Angebot einer systematischen Biopsie (12 ‚blinde’ Gewebeproben aus verschiedenen Teilen der Prostata)
  • Wenn Auffälligkeiten im MRT ➔ gezielte Entnahme (targeted biopsy) von vier Gewebeproben im auffälligen Bereich

Versuchsgruppe (2/3 der Teilnehmer randomisiert)

  • Ausschließlich targeted biopsy mit gezielter Entnahme von vier Gewebeproben im auffälligen Bereich

Endpunkte

  • Primär: klinisch nicht signifikanter Prostatakrebs (Gleason-Score 3+3)
  • Sekundär: klinisch signifikanter Prostatakrebs (Gleason-Score 3+4 oder höher)
  • Biospiebedingte Nebenwirkungen

Wesentliche Ergebnisse

Knapp die Hälfte der eingeladenen Männer (17.980; 47%) nahmen an der Studie teil und unterzogen sich einer MRT.

  • Referenzgruppe: 5.994 Männer
  • Versuchsgruppe: 11.986 Männer

Durch das Vermeiden einer systematischen Biopsie zugunsten einer gezielten Biopsie wurde das Risiko halbiert, einen nicht signifikanten Prostatakrebs zu finden: 

 

Referenzgruppe

Versuchsgruppe

Teilnehmer

5.994

11.986

Klinisch nicht signifikanter Prostatakrebs

72 (1,2%)

66 (0,6%)

Klinisch signifikanter Prostatakrebs

68 (1,1%)

110 (0,9%)

Klinisch signifikante Prostatakarzinome wurden in beiden Gruppen in nahezu gleichem Umfang gefunden. Das relative Risiko für einen klinisch signifikanten Prostatakrebs lag in der Versuchsgruppe im Vergleich zur Referenzgruppe bei 0,81.

Bei zehn Teilnehmern aus der Referenzgruppe wurde ein klinisch signifikantes Prostatakarzinom ausschließlich aufgrund der systematischen Biopsie erkannt. Die zehn Fälle hatten alle ein mittleres Risiko und die Tumoren waren überwiegend klein. Sechs der zehn Tumoren wurden in der Folge aktiv überwacht, in vier Fällen erfolgte eine radikale Prostatektomie.

Die Rate schwerer biospiebedingter Nebenwirkungen lag in beiden Gruppen unter 0,1%. Unter den leichten Nebenwirkungen traten am häufigsten Hämaturie und Hämospermie auf. Zur Häufigkeit der Nebenwirkungen in den jeweiligen Studiengruppen machen Hugosson et al. keine Angaben.

Zur Einschätzung der potenziellen Screening-Strategie durch Studienleiter Jonas Hugosson, Professor für Urologie an der Universität Göteborg, lesen Sie auch unsere News zum Thema.

mh/ktg
12.01.2023

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