RöKo Digital 2024 – CAD-RADS ist das TNM-System der Herzkranzgefäße
Ist eine Stenose klinisch relevant? Um diese primäre Frage hinter der Herz-CT zu beantworten, sind seit 2022 Plaquelast und Modifier einzubeziehen – zusätzlich zum Stenosegrad.
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Präsentationstag:20.04.2024 0 Kommentare
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Autor:kf/ktg
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Sprecher:Dietrich Beitzke, Medizinische Universität Wien; Christopher Schlett, Universitäts-Herzzentrum Freiburg
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Quelle:RöKo 2024
Strukturierte Befundung der Koronarien – CAD-RADS 2.0
Die Herz-CT ist First-Line-Test für die de novo Abklärung einer koronaren Herzerkrankung (KHK) bei niedriger bis mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit. Wenn eine vermutete KHK klinisch nicht nachweisbar ist, sollte hier also die Herz-CT erfolgen. Für diese Klientel verbessert die Herz-CT die 5-Jahres-Überlebensrate (The SCOT-HEART Investigators 2018).
CAD-RADS 2.0 gibt den Rahmen für die strukturierte Befundung der Herz-CT. Diese strukturierte Befundung sollte man nutzen, so Dietrich Beitzke, Medizinische Universität Wien. Die Einteilung auf Basis des Stenosegrads hat sich auch mit der Einführung von CAD-RADS 2.0 im Jahr 2022 nicht geändert.
Die 5-stufige CAD-RADS Skala wird nach Schweregrad der am meisten betroffenen Läsion eingeteilt
- CAD-RADS 0: keine sichtbare Stenose (0%)
- CAD-RADS 1: minimale Stenose (1–24%)
- CAD-RADS 2: milde Stenose (25–49%),
- CAD-RADS 3: moderate Stenose (50–69%),
- CAD-RADS 4: schwere Stenose (70–99%),
- CAD-RADS 5: Okklusion (100%)
- CAD-RADS N: nicht beurteilbar
Neu ist seit 2022 aber, dass die Plaquelast (P1-P4) mit zum Befund gehört. Sie ändert die CAD-RADS Kategorisierung selbst zwar nicht, beeinflusst aber direkt die Therapieentscheidung.
Die meisten Zentren nutzen für das Reporting der Plaquelast den Agatston Score (CAC): Der Beurteilung der koronaren Kalklast (als indirektem Maß für das Ausmaß vulnerabler Plaques) liegt der native Scan zugrunde. Ebenso nutzbar ist aber die visuelle Beurteilung oder der System Involvement Score (SIS) – also die Angabe, in wie vielen Segmenten Atherosklerose vorliegt.
Bei einem P4-Befund sollte man überlegen, in Rücksprache mit den Kliniker:innen direkt funktionelle Tests durchzuführen und nicht erst den Umweg über den Herzkatheter einzuschlagen, so Beitzke.
Plaquelast-Definition nach CAD-RADS 2.0
Plaquelast | CAC | SIS | Visuell | |
P1 | Mild | 1-100 | ≤2 | 1-2 Gefäße mit milder Plaquelast |
P2 | Moderate | 101-300 | 3-4 | 1-2 Gefäße mit moderater Plaquelast 3 Gefäße mit milder Plaquelast |
P3 | Schwer | 301-999 | 5-7 | 3 Gefäße mit moderater Plaquelast 1 Gefäß mit schwerer Plaquelast |
P4 | Extensiv | ≥1000 | ≥8 | 2-3 Gefäß3 mit schwerer Plaquelast |
CAC = Coronary Artery Calcium = quantifiziert mittels Agatston-Score (Kalzium-Score)
SIS = System Involvement Score
Plaquelast und Stenosegrad sind nicht identisch. Übereinstimmungen und Unterschiede verdeutlichte Schlett anhand folgender Grafik:
Modifier
Eine weitere Neuerung in CAD-RADS 2.0 ist die Einführung neuer Modifier (jetzt sechs statt vier bei CAD-RADS 1.0). Sie sind ein morphologisch-beschreibender Zusatz zur reinen Plaquelast. Sind sie vorhanden, haben sie klinischen Impact.
Der Begriff vulnerable Plaques ist ersetzt durch high-risk Plaques (HRP). Folgende Zeichen sprechen für high-risk Plaques:
- Positives Remodelling
- Fett im Plaque
- Napkin Ring Sign
- Punktförmige Verkalkungen
Weitere Modifier sind Ischämie (I), Bypass (G = Graft), nicht-diagnostische Bildgebung (N), Ausnahmen (E = Exceptions) und Stents (S).
CAD-RADS im Befund einordnen
Die Aufgabe der Radiologie bei der Herz-CT besteht primär darin, den Stenosegrad und die Plaquelast zu bestimmen, so Christopher Schlett, Universitäts-Herzzentrum Freiburg. Die strukturierte Befundung nach CAD-RADS ist dafür zentral. Er empfahl, dem Befund die Referenzen für CAD-RADS beizufügen, denn nicht jede:r Zuweiser:in weiß, was CAD-RADS ist.
Die Herz-CT verbessert zwar die zielgerichtete Therapie der KHK, für die Therapieempfehlung ist die Radiologie allerdings nicht zuständig: „Wir lassen die Finger weg von medikamentösen Therapie-Empfehlungen“, so Schlett. Therapie sei Aufgabe der Zuweisenden, denn sie kennen den klinischen Kontext der Patient:innen. Weil die Herz-CT sichtbar macht, „wie hoch das Problem an den Herzkranzgefäßen ist“, motiviert das direkte Zeigen des Befunds die Patient:innen aber oft ihren Lebensstil zu verändern.
Referenzen
Cury RC et al. CAD-RADS™ 2.0 - 2022 Coronary Artery Disease-Reporting and Data System. An Expert Consensus Document of the Society of Cardiovascular Computed Tomography (SCCT), the American College of Cardiology (ACC), the American College of Radiology (ACR), and the North America Society of Cardiovascular Imaging (NASCI). J Cardiovasc Comput Tomogr 2022; 16(6):536–57
The SCOT-HEART Investigators. Coronary CT Angiography and 5-Year Risk of Myocardial Infarction. N Engl J Med 2018;379(10):924-33