ECR 2023 – Für eine bessere Kooperation in der Herzbildgebung

ECR 2023 – Für eine bessere Kooperation in der Herzbildgebung

Der Bedarf an kardialer Bildgebung wird in den nächsten Jahren zunehmen. Es gibt aber nur begrenzte Scanner-Kapazitäten und nicht genügend Fachkräfte, um mit dem erwarteten Wachstum Schritt zu halten.

  • Präsentationstag:
    02.03.2023 0 Kommentare
  • Autor:
    mh/ktg
  • Sprecher:
    Christian Löwe, Wien; Rozemarijn Vliegenthart, Groningen/Niederlande; David Michael Kerins, Cork/Irland
  • Quelle:
    ECR 2023

 

Kaum ein Land in Europa verfügt über die Scannerkapazität und die nötigen Fachkräfte für das erwartete Wachstum der kardialen Bildgebung.

Die kardiale Bildgebung sollte zur Kernkompetenz jeder Radiologin und jedes Radiologen und aller MTRs gehören.


In einem Round-Table-Gespräch beim ECR 2023 diskutierten ein Kardiologe und zwei Radiolog:innen, wie ihre beiden Disziplinen idealerweise kooperieren sollten und warum dies erforderlich ist.

Eine europäische Vision für die kardiale Radiologie

"Fast kein Land in Europa verfügt über ausreichend Scanner-Kapazitäten und Fachkräfte für das erwartete Wachstum in der kardialen Bildgebung der kommenden Jahren", sagte Rozemarijn Vliegenthart, Radiologin in Groningen, Niederlande. Sie präsentierte erste Ergebnisse einer gemeinsamen Umfrage der European Society of Cardiovascular Radiology (ESCR) und der European Society of Radiology (ESR) zur Verfügbarkeit kardialer Bildgebung in Europa.

Die Umfrage wurde im April 2021 an die radiologischen Fachgesellschaften der einzelnen Länder sowie an alle ESR-Mitglieder verschickt. Bis zum Juli 2021 eingegangene Antworten wurden für die Auswertung berücksichtigt. Fachgesellschaften aus 23 Ländern reichten Antworten ein. Drei Viertel von ihnen hatten entweder einen eigenen Verband oder eine Arbeitsgruppe speziell für die kardiale Bildgebung.

Die antwortenden Einzelmitglieder vertraten 175 radiologische Abteilungen, die Hälfte davon an Universitäten oder akademischen Lehrkrankenhäusern. Von allen vertretenen Abteilungen boten 90% die kardiale CT und 81% die kardiale MRT an.

Zweite wichtige Erkenntnis der Umfrage: Nicht alle europäischen Länder bieten eine ausreichende stationäre Ausbildung für die kardiale Bildgebung an. Nur in 78% der befragten Länder gab es so ein Ausbildungsangebot für die kardiale CT und in 74% für die kardiale MRT. Ein Drittel (31-35%) dieser Ausbildungen sind Level I, 41-44 % Level II und 24-25 % Level III (Subspezialisierung nach der Facharztausbildung).

Vliegenthart definierte zwei wesentliche Anforderungen für Radiolog:innen in der kardialen Bildgebung:

  • die enge Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus anderen Fachbereichen, und
  • die Einbindung in das Herzteam.

Befundung von kardialer CT und MRT – ein Kooperationsmodell

David Kerins, Cork/Irland, ist Kardiologe mit Zusatzausbildung in kardialer MRT und kardialer CT. Er schilderte seine Sicht auf die Zusammenarbeit in der Herzbildgebung: "In der künftigen kardialen Bildgebung werden die verschiedenen Modalitäten besser miteinander verzahnt sein", sagte er mit Bezug auf Parwani et al. 2018. Anders sei eine hochwertige, effiziente und kosteneffektive Versorgung nicht zu erreichen. Die Fortschritte in der multimodalen Bildgebung bei kardialen Pathologien erfordern hochqualifizierte Bildgebungsspezialisten aus der Kardiologie wie auch aus der Radiologie.

Gemeinsame Befundungen

In seinem klinischen Alltag führt Kerins gemeinsame Befundungs-Sessions mit dem zuständigen Radiologen durch. Die vollen Terminkalender lassen dafür allerdings keine festen Zeiten zu. Zum gemeinsamen Befunden gehören die Anamnese, Ergebnisse anderer kardiologischer Untersuchungen und die Integration der multimodalen Bildgebungsbefunde in die Klinik.

Diese Art der Zusammenarbeit könne man als eine Art "kleines multidisziplinäres Konsil" ansehen, sagte Kerins mit Bezug auf Treibel et al. 2022: Bei solchen Treffen werden nicht nur die Bildgebungsbefunde erörtert, sondern auch Innovationen, bewährte Verfahren und die kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung diskutiert.

Extrakardiale Befunde in der Herzbildgebung

Kerins ging auch auf extrakardiale Befunde (ECF) in der kardialen CT-Angiographie ein: In ihrer aktuellen Studie entdeckten Laskowski et al. 2017 bei 107 von 329 Patient:innen (32,5%) ECF. In der CTA wurden 101/167 ECF (60,5%) entdeckt, bei der invasiven Koronarangiographie 6/162 ECF (3,7%). 59 Patient:innen (17,9 %) hatten klinisch relevante extrakardiale Befunde.

Daraus folgern Laskowski et al.: Die CT-Angiographie, nicht aber die invasive Koronarangiographie detektiert klinisch relevante, extrakardiale Befunde, die auf anderweitige Ursachen von Thoraxschmerzen bei Patient:innen ohne koronare Herzkrankheit hindeuten können. Somit könnte die CTA bei diesen Patient:innen helfen, eine invasive Koronarangiographie überflüssig zu machen.

Wie Gravina et al. 2017 gezeigt haben, lässt sich eine beträchtliche Anzahl extrakardialer Zufallsbefunde auch mittels kardialer MRT mit hoher Genauigkeit erkennen: "Es ist daher äußerst wichtig, dass jeder, der eine kardiale MRT anfertigt, auch in der Lage ist, normale und abnormale Thorax- und Oberbauchbefunde richtig zu beurteilen", so die Autor:innen, und sie fügen hinzu: "Man sollte explizit nach extrakardialen Zufallsbefunden suchen, um gegebenenfalls die Versorgung von Patienten mit solchen Befunden zu ändern."

Kardiale Radiologie ist ein Job für jeden Radiologen

Überall dort, wo die CT rund um die Uhr angeboten wird, sollte auch die kardiale CT 24/7 verpflichtend sein, sagte Christian Löwe, Leiter der Abteilung für kardiovaskuläre und interventionelle Radiologie an der Medizinischen Universität Wien: "Kardiale Radiologie sollte zur Kernkompetenz eines jeden Radiologen und eines jeden CT-MTR werden."

Das gesamte beteiligte Personal muss geschult sein. Eine Beschränkung auf einen oder wenige "Herz-Bildgeber" werde in Zeiten steigender Untersuchungszahlen in der kardialen Bildgebung nicht ausreichen.

Neben der "Herzradiologie für jedermann" brauche es auch hochqualifizierte und erfahrene Teamleiter:innen. In jedem Team sollte jemand arbeiten, der oder die das ESCR "European Diploma in Cardiovascular Radiology" besitzt, empfahl Löwe. Das Diplom basiert auf Trainings in kardialer CT und MRT. Es muss zusätzlich zur regulären Facharztfortbildung erworben werden.

Referenzen

Gravina M et al. Incidental Extracardiac Findings and Their Characterization on Cardiac MRI. BioMed Research International, 2017, Article ID 2423546.

Laskowski D et al. Detection of relevant extracardiac findings on coronary computed tomography angiography vs. invasive coronary angiography. Eur Radiol. 2022;32:122–131.

Parwani P et al. Building Bridges in Cardiology and Radiology. J Am Coll Cardiol. 2018 Nov, 72 (20) 2534–2538.

Treibel TA et al. Ingram TE on behalf of the British Society of Cardiovascular Imaging/Computed Tomography, et al United Kingdom standards for non-invasive cardiac imaging: recommendations from the Imaging Council of the British Cardiovascular Society. Heart 2022;108:e7.

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