ECR 2024 – MRT-Screening bei Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko

ECR 2024 – MRT-Screening bei Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko

Die wichtigsten internationalen Leitlinien empfehlen für das Screening von Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko die kontrastverstärkte MRT. Hauptgrund sind die funktionellen Informationen: Kontrastmittelanreicherung spricht für biologische Aktivität und Aggressivität des Tumors.

  • Datum:
    29.04.2024 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Pascal A.T. Baltzer, Wien
  • Quelle:
    ECR 2024
  • „Hochrisiko“ ist definiert als >20% Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines Mammakarzinoms.
  • Besondere Aufmerksamkeit ist geboten
    • bei Mutationsträgerinnen,
    • bei an Brustkrebs erkrankten (ungetesteten) Verwandten ersten Grades,
    • bei Personen, die sich in ihrer Kindheit einer Thoraxbestrahlung unterziehen mussten.
  • Die Screening-Empfehlungen für Personen mit hohem Risiko variieren – grundsätzlich wird die MRT ab dem 20. bis 25. Lebensjahr empfohlen, die Mammographie ab 35 Jahren; beides jährlich.
  • Vermeidung falsch-positiver Ergebnisse: Kaiser Score und multiparametrische MRT nutzen!
  • Vermeidung falsch-negativer Ergebnisse: Frühzeitig biopsieren!

Wann spricht man von Hochrisiko?

Um nicht diagnostizierte Patientinnen mit hohem Brustkrebsrisiko – also einem Lebenszeitrisiko von mehr als 20% – zu erkennen, gilt die Familienanamnese als wichtigster Hinweisgeber. Das Risiko gilt als hoch, wenn ...

  • ... eine Verwandte unter 35 Jahren an Brustkrebs erkrankt ist. Wenn drei Verwandte unter 60 Jahren an Brustkrebs erkrankt sind, gilt das Risiko als sehr hoch.
  • ... zwei Fälle von Brustkrebs bei Verwandten unter 50 Jahren aufgetreten sind.
  • ... eine Verwandte unter 50 Jahre an Brustkrebs erkrankt ist plus eine Verwandte unabhängig vom Alter an Eierstockkrebs.
  • ... ein Fall von Brustkrebs bei einem Mann und einer bei einer Frau aufgetreten ist, unabhängig vom Alter.

In jedem der oben genannten Fälle sollte ein Gentest durchgeführt werden. Frauen mit triple-negativem Mammakarzinom vor dem 60. Lebensjahr sollten sich außerdem einem Mutationstest unterziehen.

Eine Verwandte ersten Grades mit Brustkrebs postmenopausal bedeutet kein erhöhtes Risiko, während eine Verwandte ersten Grades mit prämenopausalem Brustkrebs für ein moderates Risiko spricht.

Ungefähr 10 % aller Brustkrebserkrankungen sind erblich bedingt. Die Mutationen sind heterogen, das heißt es gibt viele verschiedene „BRCA-1-Mutationen", allerdings nur wenige stabile Mutationen, wie z. B. BRCA 1 bei Ashkenasim (Personen mit europäisch-jüdischen Vorfahren, außer aus Spanien/Portugal) und BRCA 2 bei Menschen aus Island.

Der Lebensstil ist für etwa 20 % aller Mammakarzinome verantwortlich. "Letztlich geht es immer um Bewegung, Alkohol und Übergewicht", unterstrich Pascal Baltzer, Wien. Zudem spielen hormonelle Faktoren eine Rolle.

Warum die MRT?

Baltzer empfiehlt die kontrastverstärkte MRT für das Hochrisikoscreening aufgrund ihrer funktionellen Aussagekraft. "Wenn der Tumor kein Kontrastmittel anreichert, handelt es sich nicht um ein Karzinom – oder zumindest nicht um ein biologisch signifikantes Karzinom", so Baltzer. Enhancement und biologische Aktivität und Aggressivität gehen miteinander einher.

Eine zusätzliche Mammographie kann zwar weitere Läsionen entdecken, allerdings sind dies wenige, meist Luminal-A oder nicht-invasive Läsionen. "Der Nachweis eines zusätzlichen Nutzens bei Hochrisiko-Patientinnen ist also eher gering", so Baltzer.

Wann sollte man mit dem MRT-Screening beginnen?

Screening-Leitlinien wie EUSOBI oder ESMO geben unterschiedliche Empfehlungen. Grundsätzlich sollte aber bei Hochrisikopatientinnen zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr mit dem jährlichen kontrastverstärkten MRT-Screening begonnen, und ab dem 35. Lebensjahr die jährliche Mammographie zusätzlich durchgeführt werden.

Wie sollte man das MRT-Screening durchführen?

Baltzer befürwortet die multiparametrische MRT wegen ihres hohen Nutzens und ihrer Wirtschaftlichkeit. An seiner Institution, der Medizinischen Universität Wien, verwendet Baltzer seit über sieben Jahren ein zweigeteiltes Protokoll, das sich in acht Minuten Akquisitionszeit durchführen lässt. Das Protokoll ist standardisiert, was die Befundung deutlich vereinfacht, so Baltzer.
Ein komplettes multiparametrisches MRT-Protokoll lässt sich in 8-9 Minuten durchführen und kann in dieser Zeit alle notwendigen Informationen für die Brustkrebs-Früherkennung bei Hochrisikopatientinnen liefern.

An den verkürzten MRT-Protokolle kritisiert Baltzer vor allem zwei Aspekte:

  1. Die Akquisitionszeit sei zwar verkürzt, die Vorbereitung bleibe aber dennoch lang. Die Durchführung von acht oder neun MRT-Untersuchungen pro Stunde sei daher nicht möglich.
  2. Die Spezifität sei der entscheidende Kostentreiber in der MRT, wie mehrere Kosten-Effektivitäts-Analysen gezeigt hätten. Wenn man nicht sicher sagen kann, dass eine Läsion gutartig ist, bedarf es der Biopsie. Nur mit der Maximumintensitätsprojektion (MIP) sei diese Spezifität nicht zu erreichen, so Baltzer.

Er empfiehlt für das Hochrisikoscreening den Kaiser-Score zu nutzen: Der KI-basierte Diagnosealgorithmus basiert auf BIRADS-Deskriptoren und enthält die notwendigen Merkmale für eine strukturierte Auswertung und Entscheidungsfindung der Screening-MRT (Baltzer 2022). "Er beschleunigt die Befundung und erhöht die Reproduzierbarkeit ", so Baltzer. Der Kaiser-Score erleichtert in MRT-Screening-Programmen Hochrisiko-Patientinnen das Decision-Making und kann > 45 % unnötiger Biopsien bei Hochrisikopatientinnen vermeiden (Milos 2020). Die Milos-Studie liefert ein weiteres wichtiges Ergebnis: Es gibt keine "Fibroadenom-ähnlichen" Krebsarten im MRT.

Was heißt das für das Management der Patientinnen?

Baltzer riet dringend davon ab, sich in der Befundung der Screening-MRT bei Hochrisiko-Patientinnen auf „BIRADS-3 und Nachsorge“ zurückzuziehen. Die Patientinnen erhielten ohnehin jährlich eine MRT.
"Machen Sie stattdessen eine Biopsie!", so Baltzer. Die Biopsien sollten ultraschallgestützt durchgeführt werden. Welche Biopsie auch immer es letztlich sei, eine Clipmarkierung sollte auf jeden Fall zum Einsatz kommen.

Gibt es eine Diskrepanz zwischen der MR-gesteuerten Biopsie und den bildgebenden Befunden, ist eine erneute Biopsie oder eine kurzfristige Nachuntersuchung indiziert.

Potenzielle Zusatznutzen von Mammographie, Ultraschall oder kontrastmittelverstärkter Mammographie für das Hochrisikoscreening sind lediglich anekdotisch. Diese Methoden sind dann im Einsatz, wenn keine MRT zur Verfügung steht.

Referenzen

Baltzer PA et al. Evidence-Based and Structured Diagnosis in Breast MRI using the Kaiser Score. Fortschr Roentgenstr 2022;194:1216-28

Milos RI et al. The Kaiser score reliably excludes malignancy in benign contrast-enhancing lesions classified as BI-RADS 4 on breast MRI high-risk screening exams. Eur Radiol 2020;30(11):6052-61.

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