„Die MRT der Aorta geht deutlich über die Luminographie hinaus“

„Die MRT der Aorta geht deutlich über die Luminographie hinaus“

Die MRT-Bildgebung der Aorta geht längst über die reine Darstellung des Gefäßlumens hinaus. Bei Patienten ohne Kontraindikationen für die MRT ist sie die Methode der Wahl. Bernd Wintersperger spickte seine Übersicht der wichtigsten Punkte zur aortalen MRA mit Tipps aus seiner klinischen Praxis.

  • Präsentationstag:
    17.01.2019 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Bernd Wintersperger, University of Toronto, Kanada
  • Quelle:
    Internationales MRT Symposium 2019

Mit seiner Einschätzung der klinischen Fragestellung der Zuweiser stehe auch der kardiale Radiologe oft ziemlich alleine da. „Wir leben in einer Welt des Einzeilers bei den Zuweisungen“, sagte Wintersperger.

Außerhalb der akuten Notfalldiagnostik, für die eigene Gesetze gälten, seien für die Wahl der passenden Methode die „Guidelines on the diagnosis and treatment of aortic diseases“ der European Society of Cardiology (ESC) hilfreich.

Vor- und Nachteile von CT und MRT

Die ESC-Guidelines bewerten die Vorteile und Nachteile von MRT und CT folgendermaßen:

 

Vor-/Nachteile

 

CT

 

MRT

 

Einfache Nutzung

+++

++

Diagnostische Zuverlässigkeit

+++

+++

Bedside Verfügbarkeit

-

-

Mehrfachuntersuchungen

++(+)

+++

Darstellung der Gefäßwand

+++

+++

Kosten

--

---

Strahlenbelastung

---

-

Nephrotoxizität

---

--


So gesehen siedeln die Guidelines die CT und die MRT für die Bildgebung der Aorta etwa auf gleicher Ebene an. „Was Patienten mit wiederholten Untersuchungen angeht, ist die MRT sicher von großem Vorteil“, unterstrich Wintersperger mit Blick auf die zu vermeidende Strahlenbelastung. Ansonsten hänge die Wahl der Methode vom klinischen Szenario, von der Verfügbarkeit der Methode und von der radiologischen Expertise ab.

MRT des Gefäßlumens

Für die Wertung des Aortenlumens existieren verschiedene Techniken der 3D MR-Angiographie (MRA), mit oder ohne Kontrastverstärkung (ce, contrast enhancement): Beispielsweise die statische 3D ceMRA, die dynamische 3D ceMRA oder die 3D Navigator MRA (bSSFP). Letztere wird ohne Kontrastmittel durchgeführt. „Wir nutzen sie, wenn Patienten mit Nierenproblemen zu uns kommen – allerdings funktioniert sie ohne das EKG“, kommentierte Wintersperger. Insgesamt sei ein gewisses Revival der MRA ohne Kontrastmittel zu vermelden. Dadurch entstünden keine Artefakte in der Aortenwurzel, was Wintersperger als großen Vorteil wertete. Ausmessen lasse sich die Aortenwurzel mit der Methode dann allerdings nicht.

Von 2D Cine-Methoden für die Darstellung des Gefäßlumens riet Wintersperger eher ab.

Add-On-Techniken für spezielle Indikationen

Sinnvoll sei die 2D bSSFP Cine Sequenz beim Marfan-Syndrom. Hier sei die genaue Ausmessung des Maximaldurchmessers der Aortenwurzel unbedingt nötig, da sie dem Herzchirurgen den entscheidenden Parameter liefere, wann er eingreifen müsse, um eine Ruptur zu verhindern. An seiner Institution werde neben der Messung von Taschenklappe zu Taschenklappe (cusp-to-cusp) auch von der Tiefe der Tasche zur gegenüberliegenden Kommissur (cusp-to-commissure) gemessen. Letztere sei leichter durchführbar und besser reproduzierbar.

Beim Turner-Syndrom müsse man zudem den Klappendurchmesser auf die Körperoberfläche normalisieren.

2D Fast Spin Echo (FSE) Techniken (Double IR „Black Blood“) seien vor allem bei Vaskulitiden nützlich. „Wir erleben gerade ein Revival der alten Fast-Spin Techniken“, so Wintersperger. Er zeigte eine 2D Fast Spin Echo (Double IR Black Blood) Sequenz für die Evaluation einer Takayasu Arteriitis und einer fokalen Aortendissektions-Arteriitis.

Die Idee, die Krankheitsausprägung in der Aortenwand quantitativ über Kontrastmittelanreicherung zu bestimmen, habe man inzwischen wieder verlassen. Wintersperger nannte den Grund: Die Krankheit sei nicht notwendigerweise dort stark ausgeprägt, wo sich Kontrast anreichere.

Bei Vaskulitiden wie der Takayasu-Arteriitis, bei der es zu einer granulomatösen Entzündung der Aorta und ihrer Hauptäste kommt, ist die MRA der gesamten Aorta zu empfehlen. „Mit einem Field-of-View von fünf Millimetern ist das gut machbar“, so Wintersperger.

Basics der Aorta-Bildgebung

Wintersperger gab dem Auditorium die wichtigsten Praxistipps mit, für darüber hinausgehende Informationen verwies er auf die ESC-Guidelines:

  • Außerhalb akuter Situationen ist der Gefäßdurchmesser der wichtigste Parameter.
  • Wintersperger unterstrich auch die Methodenkonstanz – es sei wichtig nicht immer zwischen MRT und CT hin- und herzuspringen: „In der CT sehe ich Gefäßwand besser, die MRT ist auf das Lumen fokussiert.“
  • Zudem sei es nötig, mit einer zentralen Längslinie durch die Aorta zu arbeiten. Die Messungen erfolgten dann immer senkrecht zu dieser Linie.
  • Das EKG sei gerade für die akkurate Messung der Aortenwurzel Voraussetzung.
  • Die Messung eines Thrombus muss den Thrombosemantel unbedingt mit einschließen.

Dynamische MRA

Hier nannte Wintersperger die kontrastverstärkte dynamische 3D MRA und 2D Cine Techniken als gängig. Die dynamische MRA leiste beispielsweise in der Bildgebung nach Therapie gute Dienste.

2D/4D Flow-Techniken seien relativ neue Methoden. Wintersperger zeigte ihren Einsatz bei einer Aortadissektion vom Typ B. Über die 4D Phasenkontrast-MRA ließ sich hier ein Intimariss darstellen.

Fazit

„Wir gehen deutlich über die Luminographie hinaus“, sagte Wintersperger. Die an sich schon komplexen Protokolle müssten auf die jeweilige klinische Fragestellung angepasst werden. „Oft kommen wir um das EKG nicht herum“, betonte er.

Zur ceMRA gebe es durchaus Alternativen – und zwar altbekannte. Allerdings werde die dynamische MRA wohl bleiben. Komplexe funktionelle und Flow-Analysen werden sich weiter entwickeln.

Insgesamt seien Standards notwendig, so Wintersperger: „Verwenden Sie ihre optimierten Protokolle und gestalten Sie Ihr Prost-Processing standardisiert und leitlinienbasiert.“

Diskussion

Ein Zuhörer zeigte sich überrascht davon, dass Wintersperger im Follow-Up kein Kontrastmittel einsetze, um die Gefäßwand darzustellen und gegebenenfalls eine Aortitis darzustellen. Wintersperger unterstrich, es gebe Studien, denen zufolge die Kontrastmittelaufnahme in der Gefäßwand nicht mit der Klinik korreliere. Man konzentriere sich daher im Follow-Up auf die Darstellung des Lumens und die Gefäßdurchgängigkeit.

Auf Nachfrage von Max Seidensticker, Magdeburg, sagte Wintersperger, dass für die Verlaufskontrollen fenestrierter Prothesen nicht die MRT, sondern die CT das geeignete Verfahren sei.

 

Referenzen

European Society of Cardiology (ESC)
Guidelines on the diagnosis and treatment of aortic diseases

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