Medizinische Privatbehandlungen ohne Qualifikation: Ärzteverbände sehen Qualität der Patientenversorgung gefährdet

Medizinische Privatbehandlungen ohne Qualifikation: Ärzteverbände sehen Qualität der Patientenversorgung gefährdet

Zwei kürzlich ergangene Berufungsurteile könnten für privat versicherte Patient:innen sowie die Ärzteschaft in Deutschland eine Zäsur darstellen. Danach dürfen Ärzt:innen medizinische Leistungen auch in Fachgebieten erbringen und mit der privaten Krankenversicherung abrechnen, für die sie nicht ausreichend weitergebildet sind.

  • Datum:
    24.01.2023
  • Autor:
    I. Merchan Casado (mh/ktg)
  • Quelle:
    Deutsche Röntgengesellschaft e.V.

Konkret geht es um zwei Urteile des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aus dem Jahr 2022. Beide Verfahren befassten sich mit der Frage, ob Orthopäden Leistungen, die sie mittels MRT bei privat versicherten Patient:innen erbracht hatten, mit deren privater Krankenversicherung (PKV) abrechnen durften. Die beiden Ärzte waren nach den Maßstäben der ärztlichen Weiterbildungsordnung für diese radiologischen Leistungen nicht ausreichend qualifiziert. Die PKV der betroffenen Patient:innen hatte daher die Abrechnungen beanstandet und dagegen geklagt.

Sowohl das Bayerische Oberste Landesgericht als auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main haben entschieden, dass eine MRT, die ein Arzt außerhalb seiner eigenen Fachgebietsgrenzen und ohne die einschlägig geforderte Zusatzweiterbildung erbringt, nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit PKVen abgerechnet werden darf. Der Besuch von Lehrgängen reichte den Gerichten als Qualifikationsnachweis hierfür aus.

Urteile mit gravierenden Folgen für Patientenversorgung und Ärzteschaft

Solche Lehrgänge entsprechen vom Umfang und Inhalt her aber bei weitem nicht den Anforderungen der für Ärztinnen und Ärzte maßgeblichen Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern. Das bedeutet: Künftig reicht allein die Approbation aus, um als Ärztin oder Arzt auch außerhalb eigener fachärztlicher Gebietsgrenzen Leistungen bei privat Versicherten zu erbringen und mit der PKV abzurechnen. Demgegenüber greifen in der gesetzlichen Krankenversicherung verbindliche Regeln zur Qualitätssicherung, die dies bislang ausschließen.

„Wir befürchten, dass die beiden Urteile zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Qualität fachärztlicher Leistungen führen. Sie bedeuten in der Konsequenz, dass die Sicherheit von Patientinnen und Patienten nicht mehr gewährleistet ist“, sagt Professor Gerald Antoch, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, stellvertretender Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft und Sprecher Gesundheitsstrategie des Vorstandes der DRG.

„Die Aufweichung fachärztlicher Gebietsgrenzen widerspricht auch dem Grundgedanken einer wirtschaftlichen medizinischen Versorgung. Wenn zum Beispiel die Durchführung und Befundung einer MRT und die daraus folgende Therapieentscheidung in der Hand nur einer Ärztin oder eines Arztes liegt, kann das dazu führen, dass Leistungen ausgeweitet werden und damit die Kosten für die private Krankenversicherung und die Beihilfe enorm steigen“, warnt Prof. Antoch.

Die radiologischen Fachorganisationen fordern zur Sicherung der Qualität und Patientensicherheit in der privatärztlichen Versorgung von der Selbstverwaltung und dem Gesetzgeber, dass

  • die ärztliche Tätigkeit in einem Fachgebiet zwingend auch eine entsprechende Weiterbildung (gemäß WBO) voraussetzt,
  • die Erbringung und Abrechnung privatärztlicher Leistungen in der GOÄ unter einen Qualifikationsvorbehalt (gemäß WBO) gestellt wird und
  • die Heilberufsgesetze der Länder so präzisiert werden, dass der hier bereits heute definierte Gebietsvorbehalt bei fehlender Qualifikation als Verbotsgesetz wirkt.

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