RöKo 2016 – EURATOM: Was die neue EU-Richtlinie zum Strahlenschutz im Alltag verändern wird

RöKo 2016 – EURATOM: Was die neue EU-Richtlinie zum Strahlenschutz im Alltag verändern wird

Die Europäische Union hat mit der Richtlinie 2013/59/Euratom eine neue Strahlenschutznorm verabschiedet, die in den EU-Ländern bis 2018 verpflichtend umgesetzt werden muss. Welche Neuerungen zukünftig auf die Radiologen zukommen, hat Horst Lenzen vom Institut für Klinische Radiologie Münster zusammengefasst.

  • Präsentationstag:
    04.05.2016
  • Autor:
    if/ktg
  • Sprecher:
    Horst Lenzen, Institut für Klinische Radiologie Münster
  • Quelle:
    Deutscher Röntgenkongress 2016
„Die neuen EU-Richtlinien sind kein Hexenwerk“, sagte Lenzen. Denn größtenteils fassen sie nur bestehende Richtlinien in einer einzigen Strahlenschutzrichtlinie zusammen. Um den Forderungen der EU nach einer Umsetzung bis 2018 gerecht zu werden, erarbeitet Deutschland derzeit ein Strahlenschutzgesetz, welches bis 2017 die nationale Grundlage für den Umgang mit ionisierender Strahlung schaffen soll. Ein erster Entwurf des Gesetzes besteht bereits und wird beim diesjährigen Deutschen Röntgenkongress den Radiologen vorgestellt. In den kommenden Monaten wird es zudem Anhörungen geben, in denen Verbände ihre Gedanken zum Entwurf einbringen und diskutieren dürfen. Lenzen forderte die Zuhörer daher auf, sich an ihre Verbände zu wenden, wenn bestimmte Passagen des Entwurfs auf Unbehagen stoßen. Neue Verordnungen, die auf dem Strahlenschutzgesetz basieren, sind schließlich im Jahr 2018 zu erwarten.

Auch wenn mit dem neuen Strahlenschutzgesetz vieles beim Alten bleibt, hält es doch gewisse Neuerungen für die Radiologie parat. In Artikel neun des Gesetzes werden etwa die Grenzwerte der Organ-Äquivalentdosis für die Augenlinse gesenkt. Die Augen dürfen künftig nur noch einer Belastung von maximal 20 Millisievert pro Jahr ausgesetzt werden (früher 150 mSv). Diese deutliche Einschränkung wird vor allem interventionelle Radiologen vor eine Herausforderung stellen, dessen ist sich Lenzen sicher.

Berichten oder befunden?

Eine weitere Neuerung findet sich in Artikel 58. Hier fordert der Strahlenschutz, dass Angaben zur Strahlenexposition in einem Bericht festgehalten werden – für Lenzen eine Passage, die schon jetzt für Missverständnisse sorgt. Denn der Begriff „Bericht“ werde oft als Befund gedeutet und das sei falsch. „Die wollen nur, dass es einen Dosisbericht gibt. Im Befund muss es nicht stehen. Diese Diskussion kann entschärft werden.“

Artikel 57 zielt darauf an, den überweisenden Arzt zumindest formal stärker in die Verantwortung zu ziehen, indem dieser sich am Rechtfertigungsprozess für Strahlenexpositionen beteiligen soll. Für die Praxis ergebe der neue Artikel kaum Änderungen, wie Lenzen andeutete: „Es reicht, wenn sie die rechtfertigende Indikation stellen.“

Eine neue Form der Früherkennung

In Sachen Früherkennung verändert das künftige Strahlenschutzgesetz tatsächlich den Handlungsspielraum. Neben der allgemeinen Früherkennung, wie etwa dem konventionellen Mammographie-Screening, wird es eine individuelle Früherkennung geben, die in Absprache mit dem überweisenden Arzt angeordnet werden kann, vorausgesetzt sie entsprechen den Leitlinien der jeweiligen Gesellschaft und anderen relevanten Anforderungen. So müssen etwa Nutzen und Risiko der Untersuchung genau abgewogen werden, das heißt die Vorteile einer solchen Untersuchung müssen die Nachteile durch die Strahlenbelastung deutlich überwiegen.

Einen neuen Kollegen willkommen heißen

Das Strahlenschutzgesetz liefert auch personelle Neuerungen. Radiologen dürfen bald ihrem neuen Kollegen, dem Medizinphysik-Experten (MPE), die Hände schütteln. Dieser soll bei allen strahlendiagnostischen und interventions-radiologischen Anwendungen, bei denen mit hoher Strahlenbelastung zu rechnen ist, hingezogen werden. „Muss der Medizinphysik-Experte nun bei jeder Intervention daneben stehen? Nein“, erläuterte Lenzen. Eine ständige Anwesenheit wird nur bei einer Strahlentherapie erforderlich sein. Bei anderen strahlungsintensiven Anwendungen wird es ausreichen, wenn der MPE während der Prozedur erreichbar ist. Das heißt: „Er muss also auf jeden Fall das Handy in seiner Tasche haben.“

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