RöKo 2019 – Herz-CT treibt Scanner-Evolution an
Die Herz-CT bleibt Treiber der CT-Hardware-Entwicklung. Grund dafür sind ihre drei großen Herausforderungen: hohe räumliche Auflösung, schnelle Organbewegung und Strahlenbelastung.
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Präsentationstag:30.05.2019 0 Kommentare
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Autor:kf/ktg
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Sprecher:Christopher Schlett, Uniklinikum Freiburg
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Quelle:100. Deutscher Röntgenkongress 2019
Eine „Riesenherausforderung“ sei die Herz-CT, diagnostizierte Christopher Schlett vom Uniklinikum Freiburg. Die Gründe:
- Die räumliche Auflösung. Bei Gefäßdurchmessern von 4,5 mm bleibt bei einer Stenose nur 1,1 mm Gefäßdurchmesser, der sich darstellen lässt. Blooming-Artefakte durch Kalzifikationen erschweren die Diagnostik zusätzlich.
- Die Herzbewegung. „Die Koronarien bewegen sich richtig schnell“, so Schlett. Seien die unterschiedlichen Gefäßlokalisationen und -durchmesser bei einem Puls von 60/min in der Diastole noch einigermaßen gleichzeitig darstellbar, werde dies mit höheren Schlagfrequenzen immer schwieriger.
- Die Strahlenbelastung.
„Wir haben die Technologie weiter gepusht – denn diese drei Herausforderungen haben andere Bereiche nicht“, betonte Schlett.
Detektoren
Nach der 4-Slice-CT Ende der 1990er Jahre sei ein regelrechter „Slice War“ ausgebrochen, so Schlett. Klinisch relevant sei er für die Herz-CT erst ab 64 Schichten. „Das ist die Mindestvoraussetzung für kardiologische Bildgebung“, unterstrich er. Erst die Einführung der Dual-Source-CT 2006 habe diese Entwicklung unterbrochen.
Seither gehe es in der Entwicklung um die Größe der Detektoren, aber auch um deren Material. Die Idee sei weiterhin, die räumliche Auflösung zu verbessern und dabei gleichzeitig den Crosstalk und den Afterglow zu minimieren.
EKG-Triggerung
Zunächst habe retrospektives EKG-Gating ermöglicht, die Zeitauflösung der CT zu optimieren. Dabei wird nicht nur die benötigte Diastole, sondern das gesamte RR-Intervall abgebildet. Es kommt also zum Oversampling mit einer deutlichen Strahlenbelastung, die zwischen 10 und 12 mSv liegt.
Sinnvoll sei die Technik bei Patienten mit Arrhythmien. Schlett empfahl die Nutzung der Tube Current Modulation (TCM), also einer Reduzierung des Röhrenstroms in der Systole. Dies führe zwar zu erhöhtem Bildrauschen in der Systole, Funktionsdiagnostik sei aber dennoch möglich. „Außerdem sind wir sind häufig sowieso nur an der Diastole interessiert“, sagte Schlett. TCM senkt die Strahlenbelastung um 30-50%.
Beim Prospective Triggering kommt es durch die stückweise Bildakquisition in der Diastole nicht zum Oversampling. Die Strahlenbelastung liegt mit 2-3 mSv dementsprechend niedriger.
Durch Padding lässt sich die Akquisitionsphase ausdehnen. „’Wir ziehen ein bisschen auf’ sagen wir da häufig“, so Schlett. Man müsse aber darauf achten, dass ‚Aufziehen’ nicht soweit auszudehnen, dass man wieder bei einer Vollakquisition des RR-Intervalls lande. „Mit dem Verfahren sind wir weg von der Spiral-CT und wieder zurück bei der axialen Bildakquisition“, erläuterte Schlett.
High-Pitch Imaging ist durch den hohen Pitch mit 730 mm/s so schnell, dass die Herzbildgebung innerhalb eines Herzschlags möglich wird. „Kollegen haben sogar Handgriffe an den Patiententisch montiert, weil die Patienten nicht an den schnellen Tischvorschub gewöhnt waren“, so Schlett. Er wies darauf hin, dass High-Pitch Imaging nur mit dem Somatom Force CT® (Siemens) möglich sei.
Weil die Methode Technik Atem- und Bewegungsartefakte vermeidet, empfahl Schlett sie für die Anwendung bei Kindern, sofern die Methode denn zur Verfügung stehe. „Die Kinder bleiben ohne starke Sedierung nicht ruhig liegen – High-Pitch hat bei den Kindern also große Vorteile.“
Entscheidungsbaum
Als Daumenregel gab Schlett seinem Auditorium folgenden Entscheidungsbaum mit:
kV-Senkung
Schlett wies darauf hin, dass die Senkung der Röhrenspannung die Strahlenbelastung exponentiell verringere. Die Senkung der Spannung von 120 auf 100kV reduziere die Strahlendosis also um 40%. Beim Röhrenstrom verlaufe die Senkung hingegen linear.
Die kV-Senkung wirke auch auf die Kontrastmitteldosis: Das Iodabsorptionsspektrum steige mit niedrigerer kV, das heißt die iodbedingte Kontrastverstärkung lässt sich mit geringerer Ioddosis erreichen.
Schlett riet zu Vorsicht bei dicken Patienten: „Irgendwann ist die Strahlung nicht mehr kräftig genug, um das Gewebe zu durchdringen – ich würde die Röhrenspannung da nicht verringern.
Hinsichtlich des Automated Tube Voltage Adjustments war sein Rat ebenfalls klar: „Nutzen Sie’s!“
Sofern es nur um die Herzbildgebung geht, empfahl er wie beim Thorax die Tube Current Modulation anzulassen, allerdings sei der Effekt nicht so groß wie vielleicht erhofft.
Strahlenschutz
Schlett betonte, dass das Risiko junger Frauen, nach Herz-CT im Lauf des Lebens an einem Tumor zu erkranken, deutlich höher sei als bei Männern. „Hier müssen Sie Organprotektion durchführen“, unterstrich er. Dabei strahlt die Röhre hochdosiert, wenn die Strahlung von dorsal kommt, die Dosis von ventral ist niedriger dosiert, um strahlensensible Organe zu schützen.
Er verglich die Strahlendosen des Herzkatheters mit der Herz-CT. Beim Katheter sei mit einer Dosis von rund 13 mSv zu rechnen, bei der Kardio-CT könnten die Strahlendosen inzwischen unter 1 mSv liegen. Dosismanagement-Systeme seien enorm hilfreich.
Um zu derartigen Dosen zu gelangen, sei aber auch das kontinuierliche Training des gesamten Bildgebungsteams nötig. „Sie müssen Ihre Assistenten und MTRA immer wieder trainieren und daran erinnern“, riet Schlett.
Iterative Rekonstruktion
Die Iterative Rekonstruktion (IR) sei aus der Kardio-CT nicht mehr wegzudenken, insbesondere in Kombination mit niedriger kV. „Es funktioniert super, wenn wir beides verbinden“, so Schlett.
Neue Entwicklungen
Als „den Zukunftsbaustein“ nannte Schlett Deep Learning und Künstliche Intelligenz. Qualitätssicherung, Bildrekonstruktion, Bewegungskorrektur und Bildsegmentierung stünden hier auf der Agenda.
Weiter seien inzwischen spezielle Scanner für die kardiologische Bildgebung auf dem Markt – allerdings sieht Schlett dafür eher Kardiologen als Zielgruppe.
Multi-Energy-Scanner und Photon Counting gelte es ebenfalls im Blick zu behalten.