RöKo 2024 – Tumorboards: Bildgebung und Biomarker

RöKo 2024 – Tumorboards: Bildgebung und Biomarker

Wie sich die Transformation der Medizin in Tumorboards auswirkt, beleuchtete der Röko 24 unter anderem aus onkologischer und radiologischer Perspektive.

  • Präsentationstag:
    09.05.2024 0 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Heiko Becker, Freiburg
  • Quelle:
    RöKo 2024

Wie Tumorboards in Zukunft aussehen werden, lässt sich schon jetzt erahnen. Klar ist, dass der Austausch zwischen medizinischen Disziplinen immer wichtiger wird.

Onkologische Sicht

Heiko Becker, Uniklinik Freiburg, gab aus onkologischer Sicht vor allem drei Punkte zu bedenken:

  1. Liquid Biopsies und die daraus gewonnenen Biomarker werden relevanter. 

    Die im Blutplasma nachweisbare zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) und zirkulierende Tumorzellen spielen vor allem für die Therapie eine Rolle: Damit lässt sich nicht-invasiv feststellen, ob und welche Therapie wirkt und ob deren Nebenwirkungen akzeptabel sind.
    
Becker nannte beispielhaft eine Studie an 455 Patienten mit Kolonkarzinom Grad II: War bei den Patienten postoperativer ctDNA nachweisbar, erhielten sie keine adjuvante Chemo. Die Zahl der Chemotherapien sank so auf die Hälfte, ohne dass sich die Gesamt-Überlebensrate verschlechtert hätte (Tie 2022).
  2. Austausch zwischen einzelnen Disziplinen ist unerlässlich (Horak 2022). Im Freiburger Tumorboard arbeiten 14 medizinische Disziplinen miteinander, inklusive Radioonkologie und Radiologie.

    Unter Einbeziehung verschiedenster Biomarker bewertet das molekulare Tumorboard der Uni Freiburg als interdisziplinäres Team pro Jahr mehr als 500 neue Patient:innen. Zunächst wird bei ausgewählten Patient:innen in einem ersten Meeting der Fall diskutiert, dann werden die molekularen Daten erhoben und gesichtet und in einem zweiten Meeting die Behandlungsoptionen – im Rahmen von Studien oder Off-Label – besprochen. Hierbei hilft die QuickCheck Studiensuche, ein an der Universität Freiburg entwickeltes Verzeichnis für onkologische Studien, die im deutschsprachigen Raum rekrutieren.
  3. Die passende Dokumentation und Darstellung der Daten werden aufgrund der Fülle und Verschiedenheit der Parameter immer wichtiger. Das Freiburger Board nutzt eine Adaptation des cBioPortal, einer Plattform zur Visualisierung von Sequenzier-Ergebnissen molekularer Krebsstudien, ursprünglich entwickelt vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center.

Insgesamt muss das Tumorboard eine zunehmende Fülle klinischer, biologischer und bildgebender Daten interpretieren. Die „sehr aktive“ Zusammenarbeit der Disziplinen ist dafür Basis.

Radiologische Sicht

Die radiologische Sicht auf Tumorboards lieferte Michel Eisenblätter, Campus Klinikum Lippe des Universitätsklinikums OWL (UK OWL) – vor allem mit Blick auf den Workflow.


Eines der Hauptprobleme ist hoher Zeitaufwand ohne Vergütung bei gleichzeitigem Personalmangel. Derzeit laufen in Eisenblätters Institution pro Woche 10 Tumorboards mit 5-35 Anmeldungen pro Board, entsprechend rund 14.000 Tumorboard-Vorstellungen pro Jahr. Bei geschätzten 5 Minuten Vorbereitungszeit pro Fall entspricht dies 145 Arbeitstagen; dazu kommt noch die Zeit im eigentlichen Board. „Das ist monetär nirgends abgebildet – ein unentgeltlicher Service“, so Eisenblätter. 


Gleichzeitig gewinnt die Bildgebung als nicht invasives Monitoring-Tool zunehmend an Bedeutung und die Information wird dichter und komplexer. Um die Information zu meistern, ist der klassische radiologische Befund mit der Dissoziation von Text und Bild seines Erachtens nicht mehr brauchbar. Nötig sind stattdessen ein einheitlicher Standard oder sehr schnell erfassbare Präsentationsformate.

Eisenblätter sieht für die Radiologie vor allem folgende Herausforderungen:

  • Integration diagnostischer Information aus allen verfügbaren Quellen – dies erfordert Zentralisierung und damit mehr Datentransfer zwischen Zentren und zwischen Sektoren.
  • Standardisierung von Datenformat und -präsentation. Hier ist mindestens FHIR 7 (Fast Healthcare Interoperability Resources) zu fordern.
  • Vernetzung der Stakeholder am Behandlungsprozess, auch standortübergreifend. „Ob Einzellösungen hier taugen, wird man sehen“, so Eisenblätter.

Referenzen

Horak P et al. Assigning evidence to actionability: An introduction to variant interpretation in precision cancer medicine. Genes Chromosomes Cancer 2022;61(6):303-13

Studiensuchplattform QuickQueck©.
 Letzter Website-Aufruf am 21.05.2024

Tie J et al. Circulating Tumor DNA Analysis Guiding Adjuvant Therapy in Stage II Colon Cancer.  N Engl J Med 2022;386:2261-72

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