ECR 2015: Die Mamma-MRT wird prognostisch

ECR 2015: Die Mamma-MRT wird prognostisch

Die Indikationen für die MRT-gestützte Mamma-Diagnostik nehmen zu. In Zukunft werde sich der Einsatz der MRT auf prognostische Fragestellungen ausweiten, prognostizierte der Mailänder Radiologe Francesco Sardanelli auf dem ECR 15.

  • Präsentationstag:
    05.03.2015 5 Kommentare
  • Autor:
    kf/ktg
  • Sprecher:
    Francesco Sardanelli, Milano
  • Quelle:
    ECR 2015
Die Mamma-MRT führe immer noch zu Kontroversen und bestimmte Indikationen würden nach wie vor heiß diskutiert, so Francesco Sardanelli, allerdings habe die Methode in den letzten Jahren eindeutig an Boden gewonnen.

„Obwohl wir fast überall Screeningprogramme haben, sterben in Europa immer noch viele Frauen an Brustkrebs“, sagte Sardanelli. Der aktuellen Screeningmethode Mammographie entgehen 25 bis 30 Prozent aller Mammakarzinome. Obwohl die Tomosynthese eine positive Entwicklung anstoße, löse sie das Problem der Unterdiagnosen nicht, sagte Sardanelli. „Im Moment ist es so, dass wir Unterdiagnostik zulassen, selbst wenn wir die Leitlinien nutzen“, so Sardanelli weiter. Die MRT sei in der Lage, die diagnostische Lücke zu füllen. Selbst die Einführung der Tomosynthese habe der Forschungsaktivität zur Mamma-MRT nichts anhaben können. In den letzten Jahren hätten sich rund 25% aller zur Brustbildgebung publizierten Studien auf die Mamma-MRT bezogen.

Europa versus USA

Sardanelli gab einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Herangehensweisen in Europa und den USA. Die “European Society of Breast Imaging” (EUSOBI) empfiehlt die Subtraktion aus nicht fettsaturierten Bildern, während das American College of Radiology (ACR) fettsupprimierte Bilder für die direkte Erkennung der Läsionen  vorschlägt.
Sardanelli erklärte auch kurz, dass Protokolle mit isotroper Auflösung zugunsten einer hohen in-plane Auflösung verlassen worden sind. “Die Subtraktion ist ein fantastisches Werkzeug, um Krebs zu erkennen”, sagte Sardanelli und unterstützte damit die europäische Herangehensweise. Sie stelle Spikulationen und sehr kleine Läsionen ausgezeichnet dar. Die US-amerikanische Variante mit fettsupprimierten Bilder sei ebenfalls „recht gut“, aber artefaktanfällig. Allerdings böten neue Entwicklungen wie 32-Kanal-Spulen dort ebenfalls spannende Möglichkeiten.

Kontrastmitteldynamik

Was Kontrastmittel angehe, sei die Darstellung der Tumormorphologie nur eine Nutzungsmöglichkeit. Die Kontrastmitteldynamik sei eine weitere Möglichkeit, um aus der MRT Informationen zu ziehen. Die zeitliche Folge der Kontrastmittelanflutung und des Washouts führe je nach Gewebe zu drei typischen Kurven. „Wir können unsere Entscheidungen nicht allein auf die Kontrastmitteldynamik gründen, aber sie ermöglicht uns eine gute Einschätzung“, sagte Sardanelli. Initial stark steigende Kurven sprechen üblicherweise für eine benigne Läsion, ein Washout gibt Hinweise auf einen malignen Tumor. Für invasive Karzinome funktioniere die Methode gut.

Die Sensitivität der MRT betrage bei invasiven Karzinomen rund 95%. Die Sensitivität bei duktalem Karzinoma in situ (DCIS) sei hingegen schlechter. Dies sei zum Teil auf die schlechtere Vaskularisation der DCIS zurückzuführen. In diesen Fällen sei die Kontrastmitteldynamik hilfreich: Gadolinium-haltige Kontrastmittel gelangen in die Milchgänge und sammeln sich dort an. Vermutlich ist eine erhöhte Permeabilität der Basalmembran dafür verantwortlich. „In diesem Fall sind Kontrastmittel molekulare Marker, die zeigen, dass die Basalmembran nicht mehr intakt ist“, erklärte Sardanelli. Dies füge den beiden bereits bekannten Kompartimenten – Gefäße und Interstitium – die Milchgänge als drittes Kompartiment hinzu. DCIS führen normalerweise zu einer Kontrastmittel-Anreicherungskurve vom Typ I.

Nach der MRT

Sardanelli erläuterte, dass MRI-BIRADS-Deskriptoren seit mehr als zehn Jahren existierten und ihre Nutzung analog zu den regulären Mammographie-BIRADS-Deskriptoren funktioniere. Er empfahl besonders auf spikulierte Läsionen zu achten, die auf potenzielle Malignität hinweisen. Hier sollte eine Biopsie folgen, ein Second-Look-Ultraschall sei ebenfalls hilfreich.
Non-Mass-Läsionen seien ein Hinweis auf DCIS. “Denken Sie in diesem Fall an die Biopsie”, sagte Sardanelli. Er unterstrich, dass an jeder Institution, die die Mamma-MRT vorhalte , entweder direkt oder an einer Partner-Institution die Möglichkeit einer MR-gestützten Biopsie bestehen müsse.

Sensitiv und spezifisch

Sardanelli gab Einblicke in die tägliche Arbeit eines multidisziplinären onkologischen Teams. Kollegen aus den anderen Fachbereichen fragten zunächst immer nach der Evidenz einer Methode. Und tatsächlich gebe es sehr gute Evidenz pro MRT. Da viele Kliniker immer noch glaubten, die Mamma-MRT sei wenig spezifisch, präsentierte Sardanelli als Argumentationshilfe eine Metaanalyse, die die hohe Spezifität der Mamma-MRT mit Daten unterfüttert. Er zitierte den 2014 verstorbenen Mamma-MRT-Vorreiter Werner Kaiser mit den Worten “Bitte hören Sie mit dem Mantra auf, die MRT sei unspezifisch – das ist schlicht falsch!“

Indikationen

Alle großen Fachgesellschaften seien sich völlig einig, dass die MRT für das Screening von Hochrisiko-Patientinnen zu nutzen sei. Sardanelli zeigte Daten aus neun prospektiven Studien mit mehr als 5000 Patientinnen, um dies zu untermauern. „Die MRT reicht“, sagte Sardanelli, zusätzliche Bildgebung sei sehr wahrscheinlich unnötig. Aktuelle Studien hätten die Überlegenheit der MRT in dieser Klientel belegt. Die MRT sei ein großer Fortschritt für BCRA-1- und -2-Trägerinnen über 50 Jahren.

Auch Frauen mit vorangegangener Strahlentherapie im Thoraxbereich profitierten von der MRT, da sie bei diesen Patientinnen invasive Karzinome entdecken helfe. “Bei diesen Patientinnen sehen wir oft DCIS mit Mikrokalk – daher sollten wir in diesen Fällen die Mammographie als komplementäre Methode nutzen“, empfahl Sardanelli.

Im Bezug auf die präoperative MRT unterstrich Sardanelli, dass die Methode vor allem kleine Karzinome in dichtem Brustgewebe zu entdecken vermöge, was deutlich für die MRT spreche. „Was Tumorgröße angeht, haben wir eine Indikation, allerdings ist die Evidenz uneinheitlich“, so Sardanelli weiter.

Die Radiologie müsse sich stärker als bisher auf die Operateure einstellen, die mit den Ergebnissen der Bildgebung in den OP gingen. „Wir müssen uns darum kümmern, unsere Resultate für die Chirurgen zu übersetzen – wir führen die MRT mit Patienten in Bauchlage durch, die Chirurgen operieren die Patientinnen in Rückenlage“, sagte er. Die Zusammenarbeit mit den Chirurgen und den Onkologen sei außerordentlich wichtig.

Zu Beurteilung einer neoadjuvanten Chemotherapy (NAC) sei die MRT ebenfalls „hilfreich“. Diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI) sei in diesem Fall unter Umständen sinnvoller als die kontrastmittel-gestützte MRT.

Die MRT sei außerdem die Methode der Wahl für die Patientinnen mit Implantaten, da sie intra- und extrakapsuläre Rupturen darstellen kann.

Zukunft

Die Tomosynthese werde die Brustbildgebung verändern, während die MRT-Untersuchungen gerade für die Detektion kleiner Läsionen zunehmen würden. „Im Moment verwenden wir die MRT für diagnostische Zwecke, aber ich gehe davon aus, dass wir sie in Zukunft für Aussagen zur Prognose nutzen werden“, sagte Sardanelli. Studien dazu seien bereits auf dem Weg und ihre ersten Ergebnisse seien vielversprechend.

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