Strahlungsfreie Katheter-Navigation durchs Gefäßsystem
Ein "intelligenter" Katheter generiert Informationen über seine Biegung und lässt sich ohne Röntgendurchleuchtung navigieren.
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Datum:08.07.2019
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Autor:B. Hofmann (mh/ktg)
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Quelle:Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS
Mit jährlich weltweit sechs Millionen Eingriffen zählen Gefäßkatheter-Interventionen zur medizinischen Routine. Dabei wird ein dünner, biegsamer Draht zur Navigation der Katheter in die Gefäße eingeführt, etwa um Stents einzusetzen oder Blutgerinnsel zu beseitigen. Um den Katheter gezielt durch die Gefäße zu navigieren, werden die Patienten während des Eingriffs mit Röntgenstrahlung durchleuchtet.
Problematik konventioneller Gefäßkatheter-Interventionen
„Patienten und Ärzte sind dabei einer nicht zu vernachlässigenden Strahlendosis ausgesetzt“, sagt Dr. Torben Pätz, Mathematiker am Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS in Bremen. „Außerdem zeigen die Röntgenbilder kein 3D-Bild, sondern nur eine 2D-Projektion, wodurch sich der Katheter nicht immer genau lokalisieren lässt.“ Um Abhilfe zu schaffen, entwickelt Fraunhofer MEVIS ein System namens IntelliCath.
Der Katheter "weiß", wie er gekrümmt ist
Das Prinzip der neuen Methode: Der Katheter wird mit einer speziellen Glasfaser ausgerüstet, bestückt mit winzigen „Spiegeln“. Wird Laserlicht durch diese Faser geschickt, reflektieren die Spiegel einen Teil des Lichts. Das Entscheidende: Sobald die Glasfaser gebogen wird, verändert sich die Farbe des reflektierten Lichts, was durch Sensoren erfasst werden kann. „Aus dem Signal dieser Sensoren lässt sich auf Stärke und Richtung der Biegung schließen“, erläutert Pätz. „Die Faser weiß gewissermaßen, wie sie geformt ist.“
Live-Daten werden ins 3D-Modell eingespeist
Um damit einen Katheter zielsicher durchs Gefäßsystem zu navigieren, braucht es allerdings noch ein weiteres Element: Vor dem Eingriff erfolgt ein CT- oder MR-Scan des Patienten. Ausgehend von den Bilddaten rekonstruiert eine Software ein 3D-Modell des Gefäßsystems und stellt es auf einem Monitor dar. In dieses Modell sollen während der Katheter-Intervention die Live-Daten aus der Glasfasernavigation eingespeist werden. Als Ergebnis würde der Arzt auf dem Bildschirm beobachten können, wie sich der Katheter durch das Gefäßlabyrinth bewegt – in Echtzeit und 3D.
Am Prototypen funktioniert es schon
Die Machbarkeit des Verfahrens konnten die MEVIS-Fachleute bereits an einem Prototyp nachweisen. „Wir haben mehrere Silikonschläuche zu einem gewundenen Labyrinth zusammengesteckt“, erzählt Torben Pätz. „In dieses Labyrinth haben wir unsere Glasfaser-Katheter eingeführt.“ Auf dem Bildschirm ließ sich dann in Echtzeit lokalisieren, wo sich der Katheter gerade befand – und zwar bis auf fünf Millimeter genau. Die Forscher haben hierzu bereits zwei Patente eingereicht.
Als nächstes werden die Fachleute ihr IntelliCath-System an einem Ganzkörper-Phantom des menschlichen Gefäßsystems testen, sowie an einer Schweinelunge erproben. 2020, gegen Ende der derzeitigen Projektphase, wird ein Prototyp fertig sein, der die Grundlage für eine klinische Studie bildet.
Akustische Rückmeldung wie bei der Einparkhilfe
Zusätzlich entwickeln Pätz und sein Team eine akustische Rückmeldung, damit der Arzt während des Eingriffs nicht ständig auf den Bildschirm schauen muss. Die Idee: Verschiedenartige Hinweistöne signalisieren, wohin der Katheter bei der nächsten Gefäßabzweigung navigiert werden muss und wie weit diese entfernt ist. „Das ist ähnlich wie die Einparkhilfe beim Auto“, erläutert Pätz. „Da erhält man ebenfalls einen akustischen Hinweis, wie weit das nächste Hindernis entfernt ist.“