Google Maps für das Kleinhirn
Mittels Phasenkontrast-Tomographie haben Göttinger Forscher etwa 1,8 Millionen Nervenzellen in der Kleinhirnrinde dargestellt.
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Datum:12.07.2018
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Autor:T. Richter (mh/ktg)
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Quelle:Georg-August-Universität Göttingen
Das menschliche Kleinhirn beherbergt auf zehn Prozent des Gehirnvolumens etwa 80 Prozent aller Nervenzellen – auf einen Kubikmillimeter können über eine Million Nervenzellen entfallen. Ihre genauen Positionen und Nachbarschaftsbeziehungen sind bislang weitgehend unbekannt.
„Durch Tomographie im sogenannten Phasenkontrastmodus und der anschließenden automatisierten Bildbearbeitung können die Zellen in ihrer genauen Lage lokalisiert und dargestellt werden“, erklärt Erstautorin Mareike Töpperwien vom Institut für Röntgenphysik der Universität Göttingen.
Die Wissenschaftler entnahmen mit einer Biopsie-Nadel zylindrische Gewebeproben aus Gewebeblöcken, um sie in einem speziellen Phasenkontrast-Tomographen zu vermessen, den die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Tim Salditt entwickelt hat. Konventionelle Instrumente haben den Nachteil, dass kleine Strukturen sowie Gewebe geringer Dichte – wie bei Nervenzellen – wenig bis keinen Kontrast geben und daher nicht abgebildet werden können.
Die Phasenkontrast-Tomographie der Göttinger setzt hingegen nicht auf die Absorption der Röntgenstrahlung, sondern auf die veränderte Ausbreitungsgeschwindigkeit der Röntgenstrahlung. Die dadurch entstehenden Laufzeitunterschiede werden durch Strahlausbreitung auf einer Freiflugstrecke zwischen Objekt und Detektor indirekt sichtbar. Mittels Software lassen sich die dreidimensionale Elektronendichte des Gewebes aus der gesamten tomografischen Bildreihe rekonstruieren.
Durch Kombination von Aufnahmen unterschiedlicher Vergrößerungen erhielt das Göttinger Team eine Kartierung des Kleinhirns über viele Größenordnungen. „In Zukunft möchten wir noch weiter in interessante Hirnregionen reinzoomen können, fast so wie bei Google Maps“, sagt Salditt.
„Mit dieser Methode wollen wir in Zukunft auch pathologische Veränderungen, wie sie zum Beispiel bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten, dreidimensional darstellen, zum Beispiel Veränderungen des Nervengewebes bei Krankheiten wie der Multiplen Sklerose“, erklärt Prof. Dr. Christine Stadelmann-Nessler, Neuropathologin der Universitätsmedizin Göttingen.