Konsensuserklärung zu bildgebenden Verfahren bei ischämischen Herzerkrankungen
Welche Methode für PatientInnen mit unterschiedlichen kardialen Ischämien am besten geeignet ist, um die Durchblutung des Herzens zu messen, hat ein interdisziplinäres Forschungsteam erarbeitet. Die Ergebnisse wurden jetzt als gemeinsame Konsensuserklärung veröffentlicht.
-
Datum:06.03.2020
-
Autor:C. Vollgraf (mh/ktg)
-
Quelle:Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK)
Herzstück der Arbeit ist eine Tabelle mit spezifischen Handlungsempfehlungen, die übersichtlich darstellt, welche quantitativen bildgebenden Verfahren je nach Patient und vorliegendem Krankheitsbild angebracht sind. „Das Besondere ist, dass Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, nämlich Kardiologen, Physiologen, Nuklearmediziner, Physiker und Radiologen, diese Tabelle für die verfügbaren bildgebenden Methoden erarbeitet haben“, sagt Professor Marc Dewey, DZHK-Wissenschaftler und stellvertretender Direktor der Klinik für Radiologie am Campus Mitte der Berliner Charité. „Bislang gab es immer nur Richtlinien einzelner Fachgesellschaften oder einzelne Techniken standen im Fokus.“
Neue Erkenntnisse zur Methode der Wahl
Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Techniken erörterten die WissenschaftlerInnen mithilfe eines systematischen, mehrstufigen Bewertungsverfahrens. Für manche Erkrankungsformen hat sich dabei klar abgezeichnet, dass eine Methode allen anderen überlegen ist, bei anderen kommen hingegen mehrere in Frage. „Diese Erkenntnisse hatte man so bis jetzt noch nicht und ich hoffe, dass sie die klinische Praxis verändern werden“, sagt Dewey.
Klare Empfehlungen
- Herzinsuffiziente PatientInnen profitieren am meisten von einer MRT, da neben der Durchblutung auch die Herzfunktion und kardinale Fibrosierung beurteilt werden können.
- Invasive Flussmessungen sind sehr gut geeignet bei PatientInnen mit bekannter oder wahrscheinlicher koronarer Herzkrankheit (KHK).
- Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ermöglicht die absolute Quantifizierung am genauesten und ist deshalb besonders für PatientInnen mit KHK mehrerer Gefäße geeignet.
- Die Szintigraphie ist hingegen das am breitesten verfügbare Verfahren, mit dem dank neuer Technologien jetzt auch eine Quantifizierung möglich ist.
- Die Echokardiographie ist die Methode der Wahl, wenn ÄrztInnen den Blutfluss im Herz von bettlägerigen PatientInnen darstellen wollen, da sie die Untersuchung am Krankenbett vornehmen können.
- Auch die CT kann die Durchblutung messen und ermöglicht es als einziges Verfahren, mögliche Verengungen und Ablagerungen an den Herzkranzgefäßen gleichzeitig darzustellen.
„Unser Konsensusdokument hilft, die bestmögliche Diagnosestrategie auszuwählen, und könnte daher dazu beitragen, individualisierte Vorschläge für die nachfolgende Therapie zu entwickeln“, so Dewey. Er hält es außerdem für wichtig, dass auch PatientInnen Zugang zu dieser Tabelle haben, um sie zu befähigen, ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen einzubringen.
Offener Prozess
Dewy erwartet, dass die Empfehlungen erst einmal für vier bis fünf Jahre gültig bleiben, bevor sie angesichts der stetig fortschreitenden Technologien überarbeitet werden müssen. Der Berliner Radiologe und seine KollegInnen sind dabei offen für neue Entwicklungen und Mitglieder. Bislang setzt sich ihr Team aus europäischen WissenschaftlerInnen zusammen, aber auch MitstreiterInnen aus Asien oder den USA sind willkommen. Insofern könne man ihre Publikation auch als Aufruf für all diejenigen verstehen, die sich zukünftig an diesem Entscheidungsprozess beteiligen wollen, sei es bei der Aktualisierung oder dem nächsten Thema, den Koronararterien. Startschuss hierfür wird das zweite Treffen der Quantitative Cardiac Imaging Study Group am 9. März 2021 in Berlin sein.
Zur Veröffentlichung "Clinical quantitative cardiac imaging for the assessment of myocardial ischaemia" in Nature Reviews Cardiology, Feb 2020